Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten der Anschlussberufung bei Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2, § 524
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 16/07) |
Tenor
Es wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
Gründe
A. Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.
I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
II. Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Rechtsfehlerfrei ist das LG nach Beweisaufnahme zu einer Haftung der Beklagten für die Folgen des Unfalls vom 6.1.2006 nach einer Quote von 50 % gelangt.
1. Auf die Unabwendbarkeit der Kollision zwischen dem Beklagtenfahrzeug und dem Kläger auf seinem Fahrrad i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG können sich die Beklagten schon deshalb nicht haftungsbefreiend berufen, weil der Unfall nicht - wie nach §§ 17 Abs. 3 und Abs. 1 StVG erforderlich - durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht worden ist. Der aus einem Satz bestehende Berufungsangriff hierzu ("Für die Beklagten zu 2. und 3. war der Unfall ein unabwendbares Ereignis") geht daher ins Leere. Die Voraussetzungen einer Haftungsbefreiung nach § 7 Abs. 2 StVG (höhere Gewalt) sind gleichfalls weder dargelegt noch ersichtlich.
2. Ferner hat das LG bei seiner Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 9 StVG, § 254 BGB zu Recht nur solche Umstände herangezogen, die sich nachweislich unfallursächlich ausgewirkt haben (vgl. zu dem Ursächlichkeitserfordernis Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 9 StVG Rz. 7 m.w.N.).
a) Zu Recht hat es in diesem Zusammenhang zu Lasten der Beklagten neben der Betriebsgefahr des Fahrzeuges, die sich bei der Kollision mit dem schwächeren Fahrrad ausgewirkt hat, einen Verstoß des Beklagten zu 3) gegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO in Ansatz gebracht und dabei auf die problemlose Sichtbarkeit des heranfahrenden Klägers abgestellt (S. 7 UA).
Diesem Argument tritt die Berufung nicht entgegen. Die Behauptung auf S. 6 der Berufungsbegründung, der Beklagte zu 3) sei ordnungsgemäß und nach Rückschau abgebogen, nachdem die Fußgängerfurt frei gewesen sei, verfehlt die Begründung des LG:
Entscheidend ist die Feststellung, dass der Beklagte zu 3) bei pflichtgemäßem Blick auch nach vorne den heranfahrenden Kläger hätte sehen können, sehen müssen und nicht hätte abbiegen dürfen. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht unmittelbar vor der Kollision auf den südlichen Fußgängerüberweg auf der Uhlandstraße gefahren ist, sondern vor dem Zusammenstoß bereits die nördliche Fahrbahnseite der Uhlandstraße befahren hat.
Dabei wirkt es sich nicht entlastend für die Beklagten aus, dass der Kläger seinerseits pflichtwidrig gehandelt hat, indem er mit dem Fahrrad verbotswidrig den Fußgängerüberweg befahren hat (vgl. zur vorrangigen Bedeutung der Durchfahrregel bei pflichtwidrigem Verhalten des Entgegenkommenden Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 9 StVG Rz. 39).
b) Ferner hat das LG rechtsfehlerfrei einen von den Beklagten behaupteten Rotlichtverstoß des Klägers bei der Abwägung nicht berücksichtigt, weil es ihn gem. § 286 ZPO unter Berücksichtigung der Aussagen der Zeuginnen Huye und Dannenberg sowie des Ampelschaltplanes nicht als bewiesen angesehen hat (S. 7 UA). Der Senat teilt diese Würdigung. Der abweichenden Beweiswürdigung durch die Beklagten, nach der lediglich der Aussage der Zeugin Huye zum Rotlichtverstoß zu folgen sei, kann sich der Senat nicht anschließen.
c) Soweit das LG zu Lasten des Klägers eine Unfallursächlichkeit seiner Alkoholisierung angenommen hat, erscheint das jedenfalls mit der gewählten Begründung nicht zweifelsfrei: Allein der Umstand, dass der Kläger die Zeugin Huye nach deren Aussage "ganz wirr" angesehen hat (UA S. 8), stützt diese Annahme nicht. Ebenso wenig erlaubt die Art des Verkehrsverstoßes - das Befahren des Fußgängerüberweges mit dem Fahrrad entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung - kaum einen hinreichenden Schluss darauf, dass dies alkoholbedingt geschehen ist.
d) Letztlich kommt es auf die Bedenken gegen die Berücksichtigung der Alkoholisierung nicht an: Selbst wenn man zugunsten der Beklagten den Zusammenstoß auch darauf zurückführt, ist in Abwägung des Alkoholverstoßes sowie der unerlaubten Fahrweise des Klägers gegen den Abbiegeverstoß und die Betriebsgefahr des Pkw der Beklagten eine Haftungsteilung nach einer Quote von 50 % nicht zu beanstanden. Eine Abänderung der vom Erstgericht vertretbar gebildeten Haftungsquote durch das Berufungsgericht scheidet aus (st. Rspr., vgl. KG MDR 2009...