Leitsatz (amtlich)
Die Klage ist insgesamt abzuweisen, wenn bewiesen ist, dass ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Schäden am Unfallfahrzeug nicht auf die Kollision zurückzuführen sind, und der Antragsteller zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben macht oder er das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden bestreitet. Denn aufgrund des nicht kompatiblen Schadens lässt sich nicht ausschließen, dass auch kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden sind (vgl. KG, DAR 2006, 323 = KGReport Berlin 2006, 527 = VersR 2006, 1559 = VRS 110, 258).
Dabei handelt es sich nicht um eine generelle "Lauterkeitsprüfung", sondern um die Frage der richterlichen Überzeugungsbildung. Die positive Feststellung, dass ein Teil der - vom Kläger weiterhin geltend gemachten - Schäden nicht auf den Unfall zurückzuführen ist, begründet durchgreifende Zweifel an der Unfallursächlichkeit der übrigen Schäden.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 279/03) |
Tenor
1. Es wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr im Ergebnis der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
Insofern wird auf Folgendes hingewiesen:
Es kann dahinstehen, ob das LG bei der Beweiswürdigung zum Unfallhergang die Aussage des Zeugen F. rechtsfehlerfrei gewürdigt hat und ob es zu Unrecht die Aussage des Zeugen Dr. T. nicht in den Entscheidungsgründen erörtert hat. Das LG hat die Klageabweisung jedenfalls rechtsfehlerfrei auch auf die Begründung gestützt, es sei bewiesen, dass jedenfalls ein Teil des geltend gemachten Schadens (Kosten der gesamten hinteren Radaufhängung) nicht durch den Anstoß des Beklagtenfahrzeuges verursacht worden sei mit der Folge, dass die Schadensverursachung insgesamt nicht zweifelsfrei feststehe.
1. Der rechtliche Ausgangspunkt des LG (AU 8) ist nicht zu beanstanden. Es entspricht der Rechtsprechung auch des Senats, dass eine Klage insgesamt abzuweisen ist, wenn bewiesen ist, dass ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Schäden am Unfallfahrzeug nicht auf die Kollision zurückzuführen ist und der Kläger zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben macht oder er das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden bestreitet. Denn aufgrund des nicht kompatiblen Schadens lässt sich im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung nach § 286 ZPO nicht ausschließen, dass auch kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden sind (vgl. DAR 2006, 323 = VRS 110, 258 = KGReport Berlin 2006, 527 = VersR 2006, 1559; vgl. auch OLG Brandenburg, Urt. v. 23.11.2006 - 12 U 101/06).
2. Das LG hat zu Recht einen solchen Fall hier bejaht.
a) Das LG hat es aufgrund der Beweisaufnahme ohne Rechtsfehler nach § 286 ZPO für erwiesen gehalten, dass ein Teil des eingeklagten Schadens nicht auf den Unfall zurückzuführen ist und darauf entscheidungserhebliche Zweifel an der Unfallursächlichkeit der übrigen Schäden gegründet.
(1) Bei seiner Beweiswürdigung hat das LG die gesetzlichen Vorgaben nach § 286 ZPO eingehalten.
§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 286 Rz. 13 m.w.N.). Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachent-sprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 286 Rz. 3 und 5 m.w.N.).
An diese Regeln hat sich das LG im angefochtenen Urteil gehalten. Es hat sich die Auffassung des Sachverständigen W. zu eigen gemacht, nach der die Radaufhängung nicht durch den Unfall beschädigt worden sein kann. Dabei hat es die dagegen gerichteten Ausführungen in dem Gutachten des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen St. - wenn auch nur kurz - aufgegriffen und ausgeführt, dass und warum es gleichwohl den Erkenntnissen des Gerichtsgutachter...