Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 62 VI 644/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 29.08.2019 - 62 VI 644/17 - und das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Nachlassgericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertstufe bis 700.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1. wendet sich mit der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau - Abteilung für Nachlasssachen - vom 29.08.2019, mit dem dieses seinen Erbscheinsantrag zurückgewiesen hat. Zu den tatsächlichen Feststellungen und den rechtlichen Erwägungen des Nachlassgerichts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Der Beteiligte zu 1. ist der Ansicht, der Beschluss sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Er bestreitet insbesondere, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des auf den 12.05.2013 datierten Testaments testierunfähig gewesen sei, und ist der Auffassung, das Nachlassgericht hätte nicht ohne weitere Ermittlungen und Beweiserhebungen von einer Testierunfähigkeit des Erblassers ausgehen dürfen. Er beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 29.08.2019 aufzuheben und das Nachlassverfahren an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Spandau zurückzuverweisen.
Der Beteiligten zu 2. verteidigt demgegenüber den angefochtenen Beschluss.
Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren schriftlichen Sachvortrag verwiesen. Zu den Ermittlungen des Nachlassgerichts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde hat im Wesentlichen Erfolg und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Nach § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG kann das Beschwerdegericht die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, soweit das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Diese Voraussetzungen liegen vor.
1. Das erstinstanzliche Verfahren leidet unter einem wesentlichen Mangel, weil das Nachlassgericht unter Verstoß gegen §§ 26, 29 FamFG den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat. Nach § 26 FamFG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Nach § 29 Abs. 1 FamFG erhebt es die erforderlichen Beweise in geeigneter Form, wobei es an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden ist. Verstöße gegen die Amtsermittlungspflicht können einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 69 Abs. 2 S. 3 FamFG darstellen (Abramenko, in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 69 FamFG Rn. 10 m.w.N.). Davon ist hier auszugehen.
Im Einzelnen:
a) Zu der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung, der Erblasser habe das Testament in dem Zeitraum von Anfang 2015 bis zu dessen Einreichung beim Amtsgericht Charlottenburg am 02.09.2015 errichtet, wobei er in diesem Zeitraum dauerhaft testierunfähig gewesen sei, wäre eine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen.
Das Nachlassgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Erblasser als testierfähig anzusehen ist, solange seine Testierunfähigkeit nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht (z. B. MüKoBGB/Sticherling, 8. Aufl. 2020, BGB § 2229 Rn. 73 m.w.N.). Ebenso zutreffend hat es die Voraussetzungen dargestellt, unter denen angenommen werden könnte, dass der Erblasser testierunfähig gewesen sei; auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (Seite 5, 6) wird insofern verwiesen. Soweit das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamens aufgrund seiner psychischen Erkrankungen nicht in der Lage gewesen sei, sich über die Tragweite seiner letztwilligen Anordnungen und ihrer Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen sowie über die Gründe, die für und gegen ihre sittliche Berechtigung sprechen, ein klares Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaig interessierter Dritter zu handeln, hätte es demgegenüber der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Testierunfähigkeit bedurft. Gemäß § 30 Abs. 3 FamFG soll eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten - wie hier in Bezug auf die Frage der Testierfähigkeit - bestritten wird. Sich in diesem Rahmen bewegend, konnte das Nachlassgericht die A...