Leitsatz (amtlich)

1. Der "für die beabsichtigte Klage und den beabsichtigten Vergleich" beigeordnete Rechtsanwalt erhält aus der Landeskasse die Verfahrensgebühr (RVG-VV 3100, 3101), die Terminsgebühr (RVG-VV 3104 mit Vorbem. 3 Abs. 3) und die Einigungsgebühr (RVG-VV 1003), soweit diese Gebühren entstanden sind.

2. Durch die Fertigung des lediglich im PKH-Antragsverfahren eingereichten Klageentwurfs entsteht die verminderte Verfahrensgebühr RVG-VV 3101, soweit Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage bewilligt wird.

3. Wird in dem - hier vom Beschwerdegericht - anberaumten Erörterungstermin nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe "für die beabsichtigte Klage und den beabsichtigten Vergleich" ein Vergleich protokolliert, so erhält der beigeordnete Anwalt die Terminsgebühr nach RVG-VV 3104, Vorbem. 3 Abs. 3.

4. In diesem Fall ist nur die verminderte Einigungsgebühr nach RVG-VV 1003 entstanden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 28.03.2007; Aktenzeichen 82 AR 148/06)

 

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Landeskasse zu zahlende Gebühren und Auslagen über die bereits festgesetzten Beträge hinaus weitere 294,29 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1, 3 RVG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zum Teil begründet. Dem Beschwerdeführer stehen aufgrund seiner Beiordnung als Verfahrensbevollmächtigter der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens 23 O 366/05 LG Berlin Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 1.383,88 EUR zu. Abzüglich der im Festsetzungsbescheid vom 17.7.2006 festgesetzten 1.066,39 EUR und der im angefochtenen Beschluss vom 28.3.2007 weiter festgesetzten 23,20 EUR verbleibt der noch festzusetzende Betrag von 294,29 EUR. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Zu Recht hat das LG eine Verfahrensgebühr von - lediglich - 0,8 nach RVG RVG-VV 3100, 3101 Nr. 1 berechnet. Die PKH-Bewilligung und Beiordnung für die beabsichtigte Klage erfasst die Verfahrensgebühr für das Klageverfahren, die mangels Einreichung der Klage zum Zwecke ihrer Zustellung jedoch als ermäßigte Gebühr nach RVG-VV 3101 entstanden ist. Der Prozessauftrag für den im PKH-Verfahren gefertigten Klageentwurf stand zunächst zwar unter der Bedingung, dass Prozesskostenhilfe für diese Klage bewilligt würde. Diese Bedingung ist aber eingetreten. Damit ist die Gebühr erwachsen.

2. Ebenfalls zu Recht hat das LG - lediglich - eine 1,0 Einigungsgebühr nach RVG-VV 1003 angesetzt. Zwar war das Streitverfahren mangels Einreichung der Klage noch nicht anhängig (s. oben). Noch anhängig im Sinne der Anmerkung zu RVG-VV 1003 war aber das Verfahren über die Prozesskostenhilfe. Denn es kann keinen Unterschied machen, dass bei Abschluss des Vergleichs Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage und den beabsichtigten Vergleich bereits bewilligt und damit das gerichtliche PKH-Verfahren beendet war. Entscheidend ist, dass der anwaltliche Auftrag hinsichtlich des anhängig gemachten Streitgegenstands bei Abschluss des Vergleichs noch nicht beendet war, sondern diesen gerade mit umfasste. Daraus folgt auch, dass die Ausnahme zu RVG-VV 1003 - dass lediglich Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Protokollierung beantragt war - nicht vorliegt. Denn Prozesskostenhilfe ist hier für den Streitgegenstand selbst beantragt worden (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG 17. Aufl., RVG-VV 1003, 1004 Rz. 7).

3. Soweit das LG neben diesen Gebühren eine weitere 0,5-Verfahrensgebühr nach RVG-VV 3337 oder RVG-VV 3500 - mit einer weiteren Postentgeltpauschale nach RVG-VV 7002 - angesetzt hat, die von der PKH-Bewilligung für den beabsichtigten Vergleich umfasst seien, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

a) Durch seine Tätigkeit im PKH-Antrags- und -beschwerdeverfahren sind Rechtsanwalt S. allerdings die Gebühren nach RVG RVG-VV 3335, 3500 und 3513 entstanden. Die PKH-Bewilligung bezieht sich jedoch nicht auf diese Verfahren. Das ergibt sich auch nicht daraus, dass Prozesskostenhilfe mit Wirkung vom 6.10.2005 gewährt wurde, also seit dem Tag des Eingangs des Antrags auf Prozesskostenhilfe. Denn an diesem Tag wurde auch ein Klageentwurf eingereicht, so dass die Beiordnung "für die beabsichtigte Klage" eine bereits zu diesem Zeitpunkt entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts erfasste.

b) Das LG verweist darauf, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss eines Vergleichs im PKH-Verfahren notwendig eine Gebühr des Anwalts für das Betreiben des Geschäfts einschließe (vgl. Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, a.a.O., RVG-VV 3335 Rz. 29; KG v. 15.3.1988 - 1 WF 4349/87, MDR 1988, 787 = JurBüro 1988 1168; KG v. 24.7.1990 - 1 WF 3169/90, MDR 1991, 263 = Anw. Bl. 1991, 543; KG - 19. ZS, KGReport Berlin 1996, 274; a.A. BGH v. 8.6.2004 - VI ZB 49/03, BGHReport 2004, 1251 m. Anm. Bonifacio = MDR 2004, 1312 = NJW 2004, 2595). Das trifft zwar zu, führt in der vorliegenden Fallgestaltun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge