Normenkette
StVG §§ 7, 10, 18; PflVersG § 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 43/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, die i.Ü. zurückgewiesen wird, wird das am 20.7.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin – 17 O 43/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werde als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.608,09 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise erfolgreich.
1. Die Beklagten sind dem Kläger gem. §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 3 PflVersG zum Ersatz von 50 % derjenigen Schäden verpflichtet, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 25.3.2000 gegen 22.15 Uhr auf dem L.-Damm in B. entstanden sind.
a) Allerdings hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu beweisen vermocht, dass der Beklagte zu 2) den streitigen Verkehrsunfall durch einen sorgfaltswidrigen Fahrstreifenwechsel schuldhaft herbeigeführt hätte. Zwar kann dem LG nicht darin gefolgt werden, wenn es meint, der Kläger habe die Umstände des behaupteten Fahrstreifenwechsels nicht konkret dargetan, so dass keine Anhaltspunkte für eine Verletzung der in § 7 Abs. 5 StVO normierten Sorgfaltspflichten vorlägen. Einer solchen näheren Darlegung bedurfte es schon deshalb nicht, weil dann, wenn sich der Unfall, wie vom Kläger behauptet, in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem behaupteten Fahrstreifenwechsel ereignet hätte, gegen den Beklagten zu 2) der Beweis des ersten Anscheins dafür spräche, die gem. § 7 Abs. 5 StVO geforderten besonderen Sorgfaltspflichten nicht beachtet zu haben (statt aller: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 7 StVO Rz. 17 m.w.N.). Dem LG kann auch nicht darin gefolgt werden, wenn es meint, nach den Schadensbildern an den Fahrzeugen der Parteien sei eine seitliche Berührung, wie sie für einen Fahrstreifenwechsel typisch sei, ausgeschlossen. Ein Kollisionswinkel von ca. 20°, wie er hier nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien zwischen den beteiligten Fahrzeugen vorgelegen hat, ist bei einem Fahrstreifenwechsel ohne weiteres möglich. Allenfalls könnte gefragt werden, ob sich ein derartiger Kollisionswinkel mit der Unfalldarstellung der Beklagten vereinbaren lässt (dazu unten b)). Schließlich liegt auch keine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein bzw. eine Sachverhaltsausforschung vor. Von einer Ausforschung kann nur dann gesprochen werden, wenn der Antragsteller ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufstellt, um durch die Beweisaufnahme erhebliche Tatsachen erst zu erfahren und sie dann zur Grundlage eines Parteivortrags zu machen; um eine Ausforschung geht es demgegenüber nicht, wenn der Antragsteller die beweiserhebliche Tatsache selbst in das Wissen des Zeugen stellt (BGH v. 4.3.1991 – II ZR 90/90, MDR 1991, 688 = WM 1991, 942 [946]; NJW 1995, 2011 [2012]; Urt. v. 12.9.2002 – IX ZR 66/01, BGHReport 2003, 40 = MDR 2003, 57 = st. Rspr.). Hier hat der Kläger in das Wissen der Zeugin L. gestellt, der Beklagte zu 2) habe am Unfallort einen Fahrstreifenwechsel seinerseits als Unfallursache angegeben. Der Kläger hat also die beweiserhebliche Tatsache in das Zeugnis der Polizeibeamtin gestellt. Die bei der Beiakte befindliche maßstabgerechte Skizze vom Unfallort (Hülle Bl. 5) spricht eher für die Darstellung des Klägers, denn sie enthält keinerlei Hinweis darauf, dass das klägerische Fahrzeug, wie von den Beklagten behauptet, aus einer Grundstücksausfahrt kommend gegen das Beklagtenfahrzeug gestoßen wäre, welches nach der Darstellung der Beklagten im mittleren Fahrstreifen gefahren sein soll. Vielmehr ist das Beklagtenfahrzeug in der Verkehrsunfallskizze im äußerst linken Fahrstreifen des L.-Dammes Fahrtrichtung Norden eingezeichnet.
Der Kläger hat den von ihm behaupteten Unfallhergang jedoch nicht zu beweisen vermocht. Die Zeugin R. hat vielmehr die Unfalldarstellung der Beklagten bestätigt. Auch der auf Antrag des Klägers als Partei vernommene Beklagte zu 2) hat die Unfalldarstellung des Klägers nicht bestätigt. Der Umstand, dass die Zeugin L., die sich i.Ü. nicht mehr an den Vorgang erinnern konnte, bekundet hat, wenn am Unfallort von einem der Beteiligten erklärt worden wäre, eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge sei ohne Beleuchtung aus einer Grundstücksausfahrt kommend in den L.-Damm eingefahren, so hätte sie dies vermerkt, reicht allein nicht aus, um die Richtigkeit der klägerischen Sachverhaltsdarstellung mit der gem. § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit zu beweisen.
b) Aber auch die Beklagten haben ihre Unfalldarstellung, wonach der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs den Unfall dadurch verschuldet hat, dass er ohne die Fahrzeugbeleuchtung eingeschaltet zu haben, aus einer Grundstücksausfahrt in den L.-...