Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsanspruch eines teilzeitbeschäftigten Tierarztes (unter 1000 Stunden jährlich) gemäß §§ 20, 20 a des Tarifvertrages vom 1.4.1969 über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleuren in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen. Versorgungsanspruch für teilzeitbeschäftigte Tierärzte Gleichheitssatz
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluß von teilzeitbeschäftigten Tierärzten (unter 1000 Stunden jährlich) gemäß §§ 20, 20 a TV Ang iöS wird den Anforderungen des Artikel 3 Abs. 1 GG nicht gerecht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt vor, wenn im wesentlichen gleichliegende Sachverhalte ohne sachlich einleuchtenden Grund unterschiedlich behandelt werden. Vorliegend gibt es keine sachlich einleuchtenden Gründe für eine Gruppenbildung allein nach dem Umfang der jährlich geleisteten über oder unter 1000 liegenden Stunden (Bestätigung von LAG Berlin, Urteil vom 2.11.1995 – 7 Sa 38/95 –)
Normenkette
GG Art. 3; TV Ang iöS §§ 20, 20a
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 20.07.1995; Aktenzeichen 10 Ca 59/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg, vom 20.7.1995 –10 Ca 59/95 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihm zustünden, wenn er seit dem 1.4.1985 bis einschließlich 31.12.1995 bei der Kommunalen Zusatzversorgungskasse bzw. der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihm zustünden, wenn er seit dem 1.4.1985 bis 31.12.1995 bei der Kommunalen Zusatzversorgungskasse bzw. der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre.
Der am 6.12.1957 geborene Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 21.3.1986 (ABl 25) seit 1.4.1986 (vgl. § 1 des Arbeitsvertrages) bei der Beklagten als teilzeitbeschäftigter Fleischbeschau-Tierarzt tätig. Daneben betreibt der Kläger eine eigene Tierarztpraxis. In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es:
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenschauer in öffentlichen Schlachthöfen vom 01. April 1969 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.
In §§ 20, 21 des Tarifvertrages vom 1.4.1969 über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen (nachfolgend TV Ang iöS) heißt es:
§ 20
Der Angestellte ist nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrages zu versichern, der für die unter den BAT fallenden Angestellten des Arbeitgebers gilt, wenn und solange er in dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr Stundenvergütungen für mindestens 1000 Stunden erhalten hat. Die Zahl der Stunden nach Satz 1 ist dadurch zu ermitteln, daß die Bezüge (Vergütung, Krankenbezüge, Krankengeldzuschuß und Urlaubsvergütung) des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres durch die für den Angestellten am 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres maßgebende Stundenvergütung geteilt werden.
§ 20 a
(1) Für den Angestellten, der nicht nach § 20 zu versichern und der als Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, richtet sich die Beteiligung des Arbeitgebers am Beitrag zur berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 172 Abs. 2 SGB VI.
Der Kläger erhielt für die einzelnen Kalenderjahre bis auf das Kalenderjahr 1991 Stundenvergütungen für weniger als 1000 Stunden. Seit 1.1.1996 ist das Arbeitsverhältnis wegen des Sonderbehörden-Eingliederungsgesetzes auf den Ortenaukreis übergegangen.
Der Kläger hat vorgetragen, sein Anspruch auf Teilnahme an der Zusatzversorgung ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz. Für eine Ungleichbehandlung der teilzeitbeschäftigten Tierärzte entsprechend dem Tarifvertrag gebe es keine sachlichen Gründe. Eine Gruppenbildung allein nach dem Umfang der Teilzeitarbeit sei sachlich nicht gerechtfertigt. Damit aber sei die tarifliche Regelung, auf welche die Beklagte sich berufe, rechtswidrig.
Der Kläger hat beantragt:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für die Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten so zu stellen, als wäre er seit dem 1.4.1985 bei der Zusatzversorgungskasse des Bundes und der Länder versichert gewesen.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Klage sei bereits unzulässig, da nicht ersichtlich sei, was der Kläger von der Beklagten genau verlange. Außerdem fehl...