Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungszeiten. Stufenfestlegung. Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei liefert der Tatbestand des Ersturteils.

2. Vor einem Betriebsübergang zurückgelegte Beschäftigungszeiten sind grundsätzlich bei einer tariflichen Stufenfestlegung zu berücksichtigen. Dieses entspricht billigem Ermessen.

 

Normenkette

ZPO § 314; BGB § 315 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.08.2006; Aktenzeichen 65 Ca 9760/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 02.07.2008; Aktenzeichen 4 AZR 246/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.8.2006 – 65 Ca 9760/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und um daraus abgeleitete in rechnerischer Höhe letztlich unstreitige Vergütung für die Zeit vom September 2005 bis Mai 2006. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Betriebszugehörigkeit vor einem Betriebsübergang als Beschäftigungszeit bei der Festlegung von Beschäftigungsstufen für die Vergütungshöhe anzurechnen ist.

Die Klägerin ist 61 Jahre alt (… 1945), verheiratet und seit dem 1. Januar 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Stationshilfe mit 22 Wochenstunden in deren Residenz L. beschäftigt. Für die Tätigkeit einer Stationshilfe gibt es einen sogenannten „Arbeitsablauf – Stationshilfe” (Bl. 65 d.A.). Die Bruttovergütung der Klägerin beträgt 806,30 EUR. Diese wird als Gehalt/Grundvergütung Außertariflich” bezeichnet. Die Klägerin ist seit dem 1. Oktober 2004 Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

Am 24.09.2004 schlossen die P. S. Consulting und Coception für Senioreneinrichtungen AG und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen Manteltarifvertrag (nachfolgend: MTV) (Bl. 10-27 d.A.), der nach dem Geltensbereich auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet und unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

§ 12 Eingruppierung

1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

2. Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

§ 12a Bestandteile der Vergütung

1. Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage.

2. Die Beträge der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage werden in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart.

§ 12 b Grundvergütung

1. Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter seine Tätigkeit bei der P. AG oder deren Tochtergesellschaften beginnt oder begonnen hat, erhält er die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) seiner Vergütungsgruppe.

2. Die Einstufung erfolgt nach Beschäftigungsjahren. Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern können dabei angerechnet werden.

3. Nach je zwei Beschäftigungsjahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.

4. …

§ 13 Vergütung

1. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Vergütungstabellen.

2. Die ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsverhältnisse im Bereich der Bundesländer … Berlin … bestehen, erhalten Vergütung nach der Anlage 1 bzw. 2 des Vergütungstarifvertrages.

§ 24 Besitzstandwahrung

1. Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

  1. Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30. September 2004 schon bei P. S. beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.
  2. Arbeitnehmer, deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach den jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenzbetrag als persönliche Zulage.

§ 26a Schlussbestimmungen

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass bei Auslegungsschwierigkeiten zwischen ihnen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung verhandelt werden muss.

§ 27 Inkrafttreten. Laufzeit

1. Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 1.10.2004 in Kraft.

2. Die §§ 10, 12, 12a, 12b, 12c, 13, 16a, 19, 20 treten mit Wirkung vom 1.1.2005 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die en...

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