Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsinteresse bei Eingruppierungsklage. Arbeitsergebnis als Maßstab für einheitlichen Arbeitsvorgang. Schwierige Tätigkeit bei mehr als Hälfte der Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Betreuung und Bearbeitung der einer Servicemitarbeiterin zugewiesenen Aktenvorgänge vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens stellt einen Arbeitsvorgang dar. Arbeitsergebnis ist die Funktionsfähigkeit der Geschäftsstelle mit den dazugehörigen Teiltätigkeiten (im Anschluss an BAG vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16).

 

Normenkette

TV-L § 12; EntgO TV-L Teil II Nr. 12.1 EG 9; EntgO TV-L Teil II Nr. 12.1 EG 9a; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 05.06.2019; Aktenzeichen 60 Ca 15473/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 05.06.2019 - 60 Ca 15473/19 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 nach der Entgeltgruppe E9 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die jeweiligen Brutto-Nachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.01.2019 nach der Entgeltgruppe E9a der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die jeweiligen Brutto-Nachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

3. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der als Mitarbeiterin einer Serviceeinheit beschäftigten Klägerin.

Die Klägerin ist auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages nebst Änderungsvereinbarungen vom 30.Oktober 2012 (Bl. 37 und 38 d.A.) sowie vom 25. November 2015 seit dem 15.Juli 1992 bei dem beklagten Land im Bereich des Amtsgerichts Tiergarten tätig. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde sie als Maschinenschreiberin der Vergütungsgruppe VIII/VII Fallgruppe 3,4 Teil II, Abschnitt N, Unterabschnitt I zum BAT eingesetzt. Seit dem 1.September 1994 war sie als Protokollführerin nach der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 42 Teil I der Anlage 1a zum BAT beschäftigt und wurde zum 23.Dezember 2004 in die Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 2, Teil I der Anlage 1a höhergruppiert. Aus dieser Vergütungsgruppe wurde sie in die Entgeltgruppe 6, Stufe 5 + TV-L übergeleitet.

Mit Schreiben vom 1.November 2012 (Bl. 46 und 47 d.A.) stellte das beklagte Land fest, dass die Klägerin über Fähigkeiten verfüge, die denen einer nach der Verordnung vom 26. Januar 1998 über die Berufsausbildung zu Justizfachangestellten/zum Justizfachangestellten geprüften Angestellten gleichwertig seien. Zugleich übertrug es der Klägerin in Abänderung des Arbeitsvertrages dauerhaft Aufgaben einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit in Strafsachen, die zu mindestens einem Fünftel schwierig sind, sowie vorübergehend Aufgaben einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit in Strafsachen, die zu mindestens einem Drittel schwierig sind. In Folge dieser Übertragung erhielt die Klägerin zunächst Entgelt nach der EG 6 und eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zum Tarifentgelt der EG 8. Ob die nur vorübergehende Übertragung höherwertiger Aufgaben nach dem Tarifvertrag wirksam war oder aber billigem Ermessen widersprach - so die Klägerin - ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Wirkung vom 1. Juni 2015 übertrug das beklagte Land der Klägerin diese Aufgaben dauerhaft. Der Arbeitsvertrag der Klägerin wurde mit Datum vom 25. November 2015 entsprechend geändert. Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum als Beschäftigte in Serviceeinheiten am Amtsgericht Tiergarten im Sachgebiet "Untersuchungs-, Amts- und Rechtshilfesachen (Ermittlungsrichtersachen)" tätig und führt als Mitarbeiterin des Serviceteams 51 im Fachbereich V zu 42,09 % der monatlichen Arbeitszeit Geschäftsstellentätigkeiten (Postbearbeitung, Schriftgutverwaltung, Aussortierungsarbeiten Datenpflege), zu 5,66 % die selbstständige Fertigung von Inhaltsprotokollen, zu 13,68 % die kanzleimäßige Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter, Mitteilungen an andere Behörden und die selbstständige Fertigung von Maschinenprotokollen, zu 3,97 % die selbstständige Anordnung von Ladungen und Zustellungen, öffentliche Zustellungen, zu 9,58 % das Erteilen vollstreckbarer Ausfertigungen und von Teilrechtskraft- und Rechtskraftattesten, zu 1,17 % Aufgaben nach der Zählkartenanordnung, zu 1,61 % die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art und zu 22,23 % die unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen für den jeweiligen Sachbearbeiter aus. Diese Tätigkeiten sind in der für diesen Arbeitsplatz erstellten Tätigkeitsdarstellung ("Beschreib...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge