Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Arbeitsvorgang nicht entscheidend für Eingruppierung in Entgeltgruppe
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltgruppe kommt es auch auf den zeitlichen Anteil einzelner, höherwertiger Tätigkeiten an (entgegen BAG und LAG Berlin-Brandenburg 15. und 17. Kammer folgend)
Normenkette
TV-L § 12; TV-L EntgO Teil II Nr. 12; ArbGG § 72 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 08.05.2019; Aktenzeichen 56 Ca 12834/18) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.05.2019 - 56 Ca 12834/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 14. August 1992 als Justizbeschäftigte am Amtsgericht T. im streitgegenständlichen Zeitraum in 75 prozentiger Teilzeit bei dem beklagten Land mit einem Bruttomonatsgehalt i.H.v. zuletzt 2.272,25 EUR beschäftigt. Gemäß § 3 ihres Arbeitsvertrags finden auf das Arbeitsverhältnis der BAT und die diesen ergänzenden ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Die Klägerin arbeitet seit dem 01.06.2013 am Amtsgericht T. in einer Serviceeinheit, innerhalb derer sie Aufgaben des mittleren Justizdienstes bzw. der Justizfachangestellten, insbesondere Geschäftsstellentätigkeit und Protokollführung in der Strafrechtsabteilung 279 für allgemeine Strafsachen bearbeitet und erledigt. Nach der durch das beklagte Land erteilten Beschreibung des Aufgabenkreises (BAK) führt die Klägerin folgende Aufgaben in folgendem Umfang aus: Geschäftsstellentätigkeit: Postbearbeitung, Schriftgutverwaltung, Aussonderungsarbeiten, Datenpflege, Kenntnis von Aktenordnung, Geschäftsordnungsvorschriften und anderen Bestimmungen (zu 45,03% der monatlichen Arbeitszeit); selbständige Fertigung von Inhaltsprotokollen und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 8,04% der monatlichen Arbeitszeit); kanzleimäßige Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter, Mitteilung an andere Behörden, selbständige Fertigung von Maschinenprotokollen und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 21,04% der monatlichen Arbeitszeit); Anordnung von Ladungen und Zustellungen, öffentliche Zustellungen und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 11,14% der monatlichen Arbeitszeit); Erteilen vollstreckbarer Ausfertigungen und von Teilrechtskraft- und Rechtskraftattesten und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 4,20% der monatlichen Arbeitszeit); Aufgaben der Kostenbeamten und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 1,55% der monatlichen Arbeitszeit); Aufgaben nach der Zählkartenordnung und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 2,87% der monatlichen Arbeitszeit); Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 2,53% der monatlichen Arbeitszeit); unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen für den jeweiligen Sachbearbeiter und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 2,45% der monatlichen Arbeitszeit); Mitteilungen an das Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister und das Kraftfahrtbundesamt und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 0,31% der monatlichen Arbeitszeit); Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen nach § 153a Abs. 1 StPO und dem JGG sowie nach § 453b StPO und der Gnadenordnung sowie die Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen und Kenntnis der relevanten Bestimmungen (zu 0,72% der monatlichen Arbeitszeit). An diesen Aufgaben der Klägerin und deren zeitlicher Gewichtung änderte sich bis zum heutigen Tage nichts.
Die Klägerin wurde am 1. November 2010 in die Entgeltgruppe 5 des TV-L übergeleitet. Mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013 wurden der Klägerin die Aufgaben als Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten mit mindestens einem Fünftel schwieriger Tätigkeiten dauerhaft übertragen nachdem ihr der Präsident des Amtsgerichts am 24.05.2013 attestiert hatte, dass sie über Fähigkeiten verfüge, die nach der VO vom 26.01.1988 über die Berufsausbildung zur Justizfachangestellten gleichwertig sind. Dementsprechend wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 6, Fallgruppe 2 des Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L eingruppiert.
Die Klägerin macht unter Verweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2018 (BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16, BAGE 162, 81 ff.) rückwirkend Differenzzahlungsansprüche zwischen der Entgeltgruppe E6 und der Entgeltgruppe E9 sowie für die Zukunft eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E9 geltend. Gegenwärtig beträgt das Entgelt in der Entgeltgruppe E9 in der von der Klägerin begehrten Stufe 4 bei einer Beschäftigung in Vollzeit EUR 3.160,20 brutto, bei einer 75prozentigen Teilzeitbeschäftigung dementsprechend EUR 2.670,15 brutto. Die Klägerin forderte das beklagte Land mit Schreiben vom 27. Juli 2018 auf, die Vergütungsdifferenzen für die Vergangenhei...