Entscheidungsstichwort (Thema)
Alltagsbegleitung keine einfache Tätigkeit im Tarifsinne. Keine einfache Tätigkeit bei erforderlicher, eingehender fachlicher Einarbeitung. Zulässigkeit anlassbedingter Überprüfung bisheriger Eingruppierung. Überprüfungsanlass bei Fortführung eines befristeten als unbefristetes Arbeitsverhältnis. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats als Rechtsschutzbedürfnis für Zustimmungsersetzungsverfahren. Formelle Anforderungen an Zustimmungsersetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Tätigkeit der Durchführung der Aktivierungs- und Betreuungstätigkeiten einer Alltagsbegleiterin handelt es sich nicht um eine einfache Tätigkeit i.S.d. der EG 2 der Entgeltordnung des TVöD-B/VKA.
2. Die Arbeitgeberin kann trotz bereits erteilter Zustimmung und trotz unveränderter Tätigkeit und unverändertem Entgeltschema die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin erneut zum Gegenstand eines Zustimmungsersuchens i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Maßnahme i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG gegeben ist, die Anlass geben kann, die Eingruppierung erneut zu überprüfen, wie z.B. die unbefristete Fortführungen eines bislang befristeten Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1-4; TVöD-B/VKA § 12 Abs. 1; Betreuungskräfte-RL § 2 Abs. 1-2, 4, § 4 Abs. 3; ArbGG § 72 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Entscheidung vom 18.05.2020; Aktenzeichen 2 BV 82/19) |
Tenor
- Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 18.05.2020 - 2 BV 82/19 - wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung zweier Arbeitnehmerinnen.
Die Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen und wendet insoweit den TVöD-B (VKA) an. Mit zwei bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmerinnen, Frau T. und Frau H., wurde in den entsprechenden Arbeitsverträgen jeweils die Anwendung des TVöD-B (VKA) als auch die Eingruppierung in die EG 2 vereinbart. Beide sind als sogenannte Alltagsbegleiterinnen für die Arbeitgeberin tätig. Die Arbeitgeberin beschäftigt in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer.
Frau H. wurde zum 20.11.2017 als Alltagsbegleiterin bei der Arbeitgeberin mit einem Arbeitszeitumfang von 50% befristet für die Dauer der Elternzeit von Frau Z., längstens bis zum 10.05.2020 auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 06.11.2017 eingestellt. Die Arbeitgeberin beteiligte hierzu den bei ihr gebildeten Betriebsrat (im Folgenden Betriebsrat) mit einseitigen Schreiben vom 06.11.2017, das in der unteren Seitenhälfte Antwortmöglichkeiten für den Betriebsrat vorsah. In diesem hieß es u.a.:
"An den Betriebsrat - Beteiligung gemäß § 99 BetrVG
Name, Vorname H., C. |
...; |
...; |
Einsatzstelle AZ-H. |
Entgeltgruppe/Stufe/Arbeitszeitanteil 2 / 1 / 50% |
Apl.-Nr. Bewertung 612 E 2 |
Es ist beabsichtigt, folgende Maßnahme durchzuführen:
Einstellung als Alltagsbegleitung zum 20.11.2017
...;
Betriebsrat
An die Altenzentren der Stadt Solingen gemeinnützige GmbH
Der Betriebsrat stimmt
der Einstellung |
der Eingruppierung |
? zu |
? zu |
? nicht zu (bitte entspr. Ziff. Des § 99 II BetrVG angeben):________ |
? nicht zu (bitte entspr. Ziff. Des § 99 II BetrVG angeben):______" |
Der Betriebsrat hatte auf der unteren Hälfte des Schreibens vom 06.11.2017 sowohl bei der Einstellung als auch bei der Eingruppierung das Kästchen mit der Zustimmung angekreuzt. Mit Änderungsvertrag vom 26.06.2018 wurde das befristete Arbeitsverhältnis mit Frau H. auf einen Arbeitszeitumfang von 75% aufgestockt. Ab dem 01.09.2019 wurde Frau H. auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 28.08.2019 als Alltagsbegleiterin mit einem Arbeitszeitumfang von 50% unbefristet weiter beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom 29.08.2019 wurde der Arbeitszeitumfang befristet für die Dauer der Elternzeit von Frau Z., längstens bis zum 10.05.2020 ab 01.09.2019 auf 75% aufgestockt. Die Arbeitgeberin hatte den Betriebsrat mit Schreiben vom 26.08.2019 wie folgt beteiligt:
"An den Betriebsrat - Beteiligung gemäß § 99 BetrVG
Name, Vorname H., C. |
...; |
...; |
Einsatzstelle AZ-H. |
Entgeltgruppe/Stufe/Arbeitszeitanteil 2 / 2 / 75% |
Apl.-Nr. Bewertung 612, 613 E 2 |
Es ist beabsichtigt, folgende Maßnahme durchzuführen:
Einstellung als Alltagsbegleiterin zum 01.09.2019
...;
Betriebsrat
An die Altenzentren der Stadt Solingen gemeinnützige GmbH
Der Betriebsrat stimmt
der Einstellung |
der Eingruppierung |
? zu |
? zu |
? nicht zu (bitte entspr. Ziff. Des § 99 II BetrVG angeben):________ |
? nicht zu (bitte entspr. Ziff. Des § 99 II BetrVG angeben):______" |
Auf diesem Schreiben kreuzte der Betriebsrat auf der unteren Hälfte - eingegangen bei der Arbeitgeberin am 28.08.2019 - bei der Einstellung Zustimmung und bei der Eingruppierung Nichtzustimmung unter Verweis auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG an. Mit weiterem Schreiben vom 27.08.2019 wandte sich der Betriebsrat wie folgt an die Arbeitgeberin:
"Sehr geehrter He...