Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung einer Zielvorgabe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nimmt eine vertragliche Regelung zur Zahlung einer variablen Vergütung eine Risikoverteilung dergestalt vor, dass die Zahlung der variablen Vergütung nur bei Erreichen einer Mindestrendite erfolgt, so stellt es keinen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar, wenn eine Rendite aus wirtschaftlichen Gründen (hier: Insolvenz der Arbeitgeberin) nicht erzielt werden kann.

2. Ein Arbeitgeber handelt auch unter Berücksichtigung der Interessen eines Arbeitnehmers – dessen variable Vergütung von der Rendite des Arbeitgebers abhängt – nicht unbillig oder treuwidrig, wenn nur aufgrund einer Massenentlassung eventuell eine, für eine Zahlung einer variablen Vergütung erforderliche Mindestrendite für die Zukunft erzielt werden kann, der Arbeitgeber sich aber entschließt, das Unternehmen zu veräußern und dadurch möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, und in Folge dieser Entscheidung, auf eine Zielvorgabe für den Arbeitnehmer im streitigen Geschäftsjahr verzichtet.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 313, 315, 162, 280

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 08.01.2009; Aktenzeichen 1 Ca 3589/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 08.01.2009 – 1 Ca 3589/08 – teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer variablen Vergütung für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.06.2007.

Der Kläger war Geschäftsführer der Firma Eisengießerei N. GmbH & Co KG in Mönchengladbach. Durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 01.07.2006 wurde über das Vermögen der Firma Eisengießerei N. GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger wurde vom Insolvenzverwalter als Geschäftsführer abberufen und als kaufmännischer Angestellter auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 30.08.2005 weiter beschäftigt.

Der Anstellungsvertrag hat, u.a. folgenden Inhalt:

3.1 Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit nach diesem Vertrag ein Gehalt, das sich aus einem fixen und einem variablen Teil zusammensetzt.

3.2 Das Fixgehalt besteht aus einem Bruttojahresgehalt in Höhe von Euro 92.400,-(in Worten: Euro zweiundneunzigtausendvierhundert), das in 12 gleichen Monatsraten nach Vornahme der gesetzlichen Abzüge (Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge), soweit solche anfallen, am Ende eines jeden Monats zahlbar ist.

3.3. Ferner erhält der Geschäftsführer bei Zielerreichung eine jährliche variable Vergütung in Höhe von brutto EUR 27.600,- (in Worten: Euro siebenundzwanzigtausendsechshundert. Die konkrete Höhe der auszuzahlenden variablen Vergütung richtet sich nach der Erfüllung der Zielvorgabe, die jeweils geschäftsjährlich nach dem Abschluss der Planung für das folgende Geschäftsjahr durch die Gesellschaft definiert wird. Bei Zielüber- bzw. Unterschreitung erhöht bzw. reduziert sich die variable Vergütung entsprechend; bei Zielüberschreitungen beträgt die maximale variable Vergütung 125% der vereinbarten jährlichen variablen Vergütung. Die variable Vergütung wird so festgelegt werden, dass sie erst ab einer im Rahmen der Zielvorgabe festzulegenden Mindestrendite erarbeitet wird. Die Vertragsparteien und die N. Verwaltungsgesellschaft mbH sind sich darüber einig, dass die variablen Bezüge des alten Dienstvertrages nur bis zum 30.06.2005 gelten und ab 01.07.2005 ausschließlich die Regelungen dieses Vertrages gelten.

3.4 Bei einer Beendigung des Anstellungsvertrages vor Ablauf eines Geschäftsjahres wird die variable Vergütung pro rata temporis berechnet und ausgezahlt.

3.5 Die Höhe der variablen Vergütung wird jeweils im Folgegeschäftsjahr nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschaft beschlossen, ordnungsgemäß abgerechnet und ausgezahlt.

3.6 …

Der Beklagte übertrug das Anlagevermögen an die Erwerberin F. Automotive GmbH. Der Kläger widersprach mit dem am 02.08.2007 beim Beklagten eingegangenen Schreiben dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber. Mit Schreiben vom 08.08.2007 kündigte der Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2007 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung von der weiteren Arbeitsleistung frei.

In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf – 14 Ca 765/08 – begehrte der Kläger seine Gehälter für die Monate Oktober und November 2007. Das Verfahren endete durch den Vergleich vom 23.04.2008, in dem sich die Beklagte verpflichtete, an den Kläger auf die Klageforderung 7.700 EUR brutto zu zahlen (Anlage B 3 Blatt 52 d.A.).

Für das Geschäftsjahr 2005/2006 erhielt der Kläger wegen der Insolvenz keine variable Vergütung.

Mit der vorliegenden am 17.10.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger die variable Vergütung für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.11.2007 in Höhe von 39.100,– EUR.

Der Kläger hat die Auf...

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