Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme gem. § 101 BetrVG. Reduzierter Gegenstandswert für die Aufhebung mehrerer personeller Einzelmaßnahmen in einem Verfahren. Keine Bindung der Gerichte an die Empfehlungen der ohne Mandat errichteten "Streitwertkommission"
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Aufhebung einer personellen Maßnahme gemäß § 101 BetrVG ist unter Rückgriff auf die Wertmaßstäbe des § 42 Abs. 4 GKG im Sinne einer pauschalierenden Konkretisierung grundsätzlich ein Bruttomonatsverdienst des betroffenen Arbeitnehmers angemessen.
2. Bei der Zusammenfassung von mehreren Fällen der Aufhebung von personellen Einzelmaßnahmen in einem Verfahren wird nach der ständigen Rechtsprechung des LArbG Hamburg beim 2. bis einschließlich 20. parallel gelagerten Fall für jeden Arbeitnehmer der für den Einzelfall ermittelte Ausgangswert mit 25% bewertet.
3. Die Empfehlungen der mandatslos errichteten sogenannten "Streitwertkommission" sind nicht bindend. Sie sind weder Rechtssätze noch Rechtsprechung und mangels eigener Argumentation für die Rechtsanwendung ungeeignet.
Normenkette
BetrVG § 101; RVG § 33 Abs. 3; GKG (2004) § 42 Abs. 4; BetrVG § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, § 99 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 05.11.2021; Aktenzeichen 15 BV 22/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeber wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 05. November 2021 - 15 BV 22/20 - abgeändert:
Der Gegenstandswert für das Beschlussverfahren 15 BV 22/20 wird auf € 26.458,38 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Arbeitgeber zurückgewiesen.
Die Arbeitgeber haben eine Beschwerdegebühr in Höhe von € 14,00 zu tragen.
Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt.
Gründe
I.
In dem zugrundeliegenden Beschlussverfahren hat der Betriebsrat mit seiner Antragsschrift vom 12. November 2020 den Antrag (Bl. 3 d.A.) angekündigt, den Arbeitgebern aufzugeben, die Versetzung der Arbeitnehmer A., B, C, D, E und F jeweils auf Fachbereichsleiterstellen im Bereich Engineering aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 03. März 2021 hat der Betriebsrat mitgeteilt, dass der im Antrag vom 12. November 2020 aufgeführte Arbeitnehmer E zwischenzeitlich aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und insoweit das Verfahren für erledigt erklärt. Im Schriftsatz vom 03. März 2021 hat der Betriebsrat deshalb folgenden Antrag (Bl. 101 d.A.) angekündigt: "Den Beteiligten zu 2. und 3. aufzugeben, die Versetzung der Arbeitnehmer A., B, C, D, F und G jeweils auf Fachbereichsleiterstellen im Bereich Engineering aufzuheben." Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Betriebsrat in Bezug auf Herrn G. zuständig sei und es sich bei Herrn G. nicht um einen leitenden Angestellten handele.
Die Arbeitgeber haben sich der Erledigungserklärung des Betriebsrats hinsichtlich des Arbeitnehmers E nicht angeschlossen (vgl. den Schriftsatz vom 22. April 2021 = Bl. 177 ff d.A.).
Das durchschnittliche Bruttogehalt der vorgenannten Arbeitnehmer beläuft sich auf € 10.583,34.
Mit Schriftsatz vom 28. September 2021 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats beantragt den Gegenstandswert festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 30. September 2021 festgestellt, dass die Beteiligten zur Erledigung des Beschlussverfahrens einen Vergleich abgeschlossen haben; wegen der Einzelheiten der vergleichsweisen Regelung wird auf Bl. 283 ff d.A. Bezug genommen.
Durch Verfügung vom 30. September 2021 hat das Arbeitsgericht mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Gegenstandswert auf € 16.250,00 (sieben betroffene Arbeitnehmer in unterschiedlichen Funktionen; 2 x € 5.000,00; 5 x € 1.250,00 wegen Gleichartigkeit) festzusetzen und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 zur beabsichtigten Gegenstandswertfestsetzung Stellung genommen und angeregt, den Gegenstandswert für das Verfahren auf € 52.916,70 festzusetzen. Mit Schriftsatz vom 02. November 2021 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass für die Aufhebung einer personellen Maßnahme gemäß § 101 BetrVG grundsätzlich ein Bruttomonatsverdienst und nicht zwei Bruttomonatsverdienste des betroffenen Arbeitnehmers anzusetzen seien.
Durch Beschluss vom 05. November 2021 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf € 34.249,63 ("2 x 1 BME, 5 x 25% eines BMEs") festgesetzt. Der vorgenannte Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeber durch Empfangsbekenntnis am 12. November 2021 zugestellt worden (Bl. 317 d.A.).
Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeber für die Arbeitgeber am 26. November 2021 (Bl. 319 ff d.A.) Beschwerde eingelegt und die Beschwerde mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2021 begründet. Sie tragen vor, der Gegenstandswert des Beschlussverfahrens betrage nicht € 34.249,63, sondern lediglich € 23.711,26. Das als Basis zugrunde zu legende Bruttomonatsen...