Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 26.01.1998; Aktenzeichen 1 BV 21/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der am 26.01.1998 verkündete Beschluss des Arbeitsgerichts Herford – 1 BV 21/97 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Arbeitgeber bei folgenden Sachverhalten verpflichtet ist, vor Durchführung der nachfolgend beschriebenen Maßnahmen das Beteiligungsverfahren gemäß § 99 BetrVG durchzuführen, es sei denn, dass der Arbeitgeber die Maßnahme gegenüber dem Betriebsrat damit begründet, dass ein dringendes Erfordernis vorliegt, das dem Arbeitgeber die vorläufige Durchführung der Maßnahmen nach § 100 BetrVG erlaubt:

  1. Zuweisung von Arbeitstätigkeiten eines Mitarbeiters, der bisher in den Bereichen „Verfahrenstechnik, Methodenabteilung, Technische Produktgestaltung, Qualitätssicherung oder Arbeitsvorbereitung” beschäftigt war, in einen anderen der vorgenannten Bereiche und umgekehrt, wenn die neu zugewiesene Tätigkeit voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreiten soll;
  2. Zuweisung von Arbeitstätigkeiten eines Mitarbeiters, der bisher im Bereich „Fertigungsleitung I” beschäftigt war, in den Bereich „Fertigungsleitung II” und umgekehrt sowie Zuweisung von Arbeitstätigkeiten eines Mitarbeiters, der bisher im Bereich „Fertigungsleitung I” oder „Fertigungsleitung II” beschäftigt war, in den Bereich „Schlosserei bzw. Elektriker” und umgekehrt, wenn diese Maßnahme voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreiten soll.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Versetzungen, insbesondere über die Frage, welche Maßnahmen des Arbeitgebers mitbestimmungspflichtige Versetzungen sind.

Der am Verfahren beteiligte Arbeitgeber beschäftigt etwa 600 Arbeitnehmer. Antragsteller ist der im Betrieb des Arbeitgebers bestehende Betriebsrat. Im Betrieb des Arbeitgebers finden die Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Anwendung.

Im Jahre 1997 entstanden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten über die Frage, ob der Arbeitgeber die Arbeitnehmer G… und H… versetzt hatte, wie der Betriebsrat meinte, oder ob es sich nicht um mitbestimmungspflichtige Versetzungen handelte, wie der Arbeitgeber meinte. Diese personellen Maßnahmen sind inzwischen beendet. Die Beteiligten streiten aber weiter darüber, in welchen Fällen mitbestimmungspflichtige Versetzungen vorliegen.

Das technische Gesamtressort des Arbeitgebers gliedert sich in die Bereiche „Verfahrens-technik”, „Methodenabteilung”, „Technische Produktgestaltung”, „Qualitätssicherung” und „Arbeitsvorbereitung”. Zu dem Bereich „Verfahrenstechnik” gehören unter anderem die Schlosserei und der Bereich „Elektriker”. Der technischen Leitung unterstellt sind zwei Abteilungen, die jeweils von einem Abteilungsleiter geführt werden. Die Abteilungen heißen „Fertigungsleitung 1” und „Fertigungsleitung 2”. Die Fertigungsleitungen sind untergliedert in Kostenstellen. Die Kostenstellen bestehen jeweils aus durchschnittlich etwa 20 Arbeitnehmern. Kostenstellenleiter sind Meister oder Techniker oder ähnlich qualifizierte Arbeitnehmer. Den Kostenstellenleitern obliegt unter anderem die Arbeitseinteilung im Bereich ihrer jeweiligen Kostenstelle, die Disposition und die Terminsüberwachung. Die Mitarbeiter der Kostenstellen verfügen über eine Qualifikation, die prinzipiell miteinander vergleichbar ist. Sie sind auch in der Lage, die Arbeit in anderen Kostenstellen zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gliederung des technischen Gesamtressorts wird auf das bei den Akten befindliche Organigramm Bezug genommen (Bl. 108 d.A.).

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Versetzungen bei Mitarbeitern vorzunehmen, die nicht leitende Angestellte sind, ohne den Betriebsrat vorher gemäß § 99 BetrVG zu informieren bzw. Versetzungen vorzunehmen, bevor nicht der Betriebsrat seine Zustimmung zu dieser Maßnahme erteilt hat oder aber die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist, es sei denn, dass ein dringendes Erfordernis vorliegt, das dem Arbeitgeber die vorläufige mitbestimmungsfreie Durchführung der Versetzung erlaubt.
  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung dem Arbeitgeber ein Zwangsgeld in noch festzusetzender Höhe anzudrohen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Durch einen am 26.01.1998 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen mit der Begründung, die Anträge seien zu unbestimmt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betriebsrat mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, sein Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt und daher zulässig. Jedenfalls seien die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge zulässig und begründet. Bei der Zuweisung von Arbeitsbereichen auf der Ebene der fünf Oberbereiche (Verfahrenstechnik, Methodenabteilung, Technische Produktgestaltung, Qualitätssicher...

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