Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialauswahl in einem gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen. Auflösung des Gemeinschaftsbetriebes durch Stillegung eines Betriebes, der mit einem anderen Betrieb den Gemeinschaftsbetrieb gebildet hat. Schwerbehindertenvertretung. Anhörung der Schwerbehindertenvertretung. Zustimmung des Integrationsamtes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine betriebsübergreifende Sozialauswahl in einem Gemeinschaftsbetrieb scheidet schon dann aus, wenn im Zeitpunkt der Kündigung zwar der eine Betrieb noch nicht stillgelegt ist, aufgrund einer bereits greifbare Formen annehmender Unternehmerentscheidung aber feststeht, dass er bei Ablauf der Kündigungsfrist stillgelegt sein wird.

2. Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers setzt die vorherige Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes voraus. Auf deren Bestandskraft kommt es dabei nicht an.

3. Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers setzt zu ihrer Wirksamkeit nicht die vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung voraus.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 20.04.2005; Aktenzeichen 1 Ca 348/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 20.04.2005 – 1 Ca 348/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die am 14.04.1944 geborene Klägerin war seit dem 23.08.1984 bei der Firma KX Küchen GmbH als Holzarbeiterin beschäftigt. Über das Vermögen der Firma KX Küchen GmbH wurde durch Beschluss vom 01.11.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Insolvenzschuldnerin, bei der ein Betriebsrat gewählt ist, beschäftigte ca. 50 Arbeitnehmer. Die Klägerin, die mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt ist, erhielt zuletzt eine Vergütung von durchschnittlich 2.500,00 EUR brutto pro Monat.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin zunächst aufrechterhalten. Versuche, den Betrieb zu veräußern, scheiterten jedoch. Am 10.11.2003 beschloss der Gläubigerausschuss die Stillegung des Betriebs der Insolvenzschuldnerin. Dieser Beschluss wurde von der Gläubigerversammlung am 09.01.2004 bestätigt.

Unter dem 19.11.2003 wurde dem Betriebsrat über den von ihm mandatierten Rechtsanwalt P2xxx die Absicht des Beklagten mitgeteilt, den Betrieb stillzulegen und sämtliche Arbeitsverhältnisse zu kündigen. Gleichzeitig wurde Herrn Rechtsanwalt P2xxx der Entwurf eines Interessenausgleichs übermittelt. Dem Entwurf war eine vollständige Liste der Mitarbeiter mit Ausnahme von 13 in einem späteren Nachtrag erfassten Arbeitnehmer beigefügt. Die Liste, in welcher die Klägerin namentlich bezeichnet war, entsprach der Liste, die unter dem 08.12.2003 dem Interessenausgleich beigeheftet wurde.

In der Folgezeit verhandelte der Beklagte wöchentlich mit dem Betriebsrat über die beabsichtigte Stillegung und die auszusprechenden Kündigungen. In der ersten Dezemberwoche 2003 erhielt der Beklagte über den Beklagtenvertreter einen Anruf von Rechtsanwalt P2xxx, der mitteilte, der Betriebsrat habe den Beschluss gefasst, den Interessenausgleich in der bereits im Entwurf vorliegenden Fassung abzuschließen. Am 08.12.2003 unterzeichneten die Betriebsratsvorsitzende H3xx-N1xx und der Beklagte den Interessenausgleich einschließlich Namensliste im Büro des Betriebsrates der Insolvenzschuldnerin. Das Zusammenfügen der Urkunde erfolgte durch Rechtsanwalt P2xxx. Bei Abschluss des Interessenausgleichs am 08.12.2003 wurde auch das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG im Hinblick auf die auszusprechenden Kündigungen eingeleitet. Zwischen den Parteien ist zweitinstanzlich unstreitig geworden, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung der Klägerin durch den Beklagten ordnungsgemäß angehört worden ist.

Am 23.12.2003 vereinbarte der Beklagte mit dem Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin einen Nachtrag zum Interessenausgleich, da 13 Arbeitnehmer in der Namensliste vom 08.12.2003 vergessen worden waren. Dieser Nachtrag wurde vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden W2xxxxxxxx unterzeichnet.

Mit Bescheid vom 06.02.2004 erteilte das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Schwerbehindertenvertreter der Insolvenzschuldnerin wurde vor Ausspruch der Kündigung vom Beklagten nicht angehört.

Mit Schreiben vom 12.02.2004 erklärte der Beklagte der Klägerin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2004. Der Beklagte kündigte auch die übrigen Arbeitsverhältnisse sämtlicher in der Betriebsstätte K4xxxxxxxxxx beschäftigten Arbeitnehmer.

Mit Schriftsatz vom 23.02.2004, der am gleichen Tage beim Arbeitsgericht Herford einging, erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 12.02.2004.

Die Klägerin hat geltend gemacht, ein wirksamer Interessenausgleich mit Namensliste sei nicht zustande gekommen. Im übrigen se...

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