Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 31.01.1992; Aktenzeichen 3 Ca 296/91) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 31.01.1992 – 3 Ca 296/91 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung und die Anschlußberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Streitwert wird neu auf 70.645,– DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Leistungen aufgrund eines Sozialplans beanspruchen kann.
Der am 03.10.1945 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 01.04.1962 beschäftigt. Er wurde als Techniker in der Entwicklungsabteilung zu einem Gehalt von zuletzt 5.314,– DM eingesetzt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Am 08.10.1990 teilte die Beklagte auf einer Betriebsversammlung mit, daß sie infolge dauerhaft verlustbringender Ergebnisse das Werk E. restrukturieren müsse; es sei deshalb erforderlich, im Jahre 1991 noch 200 und im Jahre 1992 weitere 300 der insgesamt rund 1 100 Arbeitnehmer zu entlassen. Es stand fest, daß die Abteilung, in der der Kläger beschäftigt war, bereits zum 31.12.1990 aufgelöst werde.
Aufgrund dieser Umstände führten die Parteien Gespräche über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Am 29.11.1990 schlössen sie einen Aufhebungsvertrag, deren für die Entscheidung des Rechtsstreits relevanten Bestimmungen die Beklagte dem Kläger mit einem Anschreiben wie folgt bestätigte:
- Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wird wegen Arbeitsmangel in gegenseitigem Einvernehmen mit dem 30. Juni 1991 beendet.
- Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewähren wir Ihnen einen einmaligen Abfindungsbetrag in Höhe von brutto DM 62.000,– (dreiundsechzigtausend).
- Die in Ziffer 2. genannte Zahlung gewähren wir Ihnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.
- Sollten Sie vor dem 30. Juni 1991 ein neues Beschäftigungsverhältnis eingehen, werden die restlichen Gehälter in eine Abfindung umgewandelt.
- Sollte noch während des Beschäftigungsverhältnisses ein Sozialplan für das Werk E. abgeschlossen werden, dessen Bedingungen für Sie günstiger wären, so gelten diese anstelle der in Ziffer 2+4 genannten.
- Sie werden vom 01. Januar 1991 bis 30. Juni 1991 unter Fortzahlung Ihrer vertragsgemäßen Bezüge von Ihren Dienstleistungsverpflichtungen beurlaubt, womit alle etwaigen Resturlaubsansprüche abgegolten sind.
Am 16.12.1990 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er eine neue Arbeitsstelle gefunden habe. Er bat um die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 01.12.1991 und Zahlung der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Abfindung. Die Beklagte zahlte daraufhin an den Kläger 89.570,– DM. Der Betrag setzt sich aus 63.000,– DM und 26.570,– DM gemäß den im Aufhebungsvertrag unter Ziffern 2 und 4 getroffenen Vereinbarungen zusammen.
Am 20.12.1990 teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern mit, das Werk E. solle insgesamt oder in Teilen verkauft oder in einen Industriepark umgewandelt werden: sollte das nicht gelingen, werde es zum 31.12.1992 geschlossen
Am 30.01.1991 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Sozialplan. Seine Bestimmungen, soweit für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung, lauten:
2. Personenkreis:
Betroffen und berechtigt sind damit sämtliche Arbeitnehmer des Werkes E. im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, die sich am 08/10/1990 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befanden.
Hierzu zählen hinsichtlich der Abfindungsregelungen auch diejenigen Arbeitnehmer, die nach dem 08/10/1990 durch Beendigungsvereinbarung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind oder noch ausscheiden
…
4. Zusätzlicher Kündigungsschutz für sämtliche Arbeitnehmer.
Die Fristen für eine ordentliche Kündigung werden bei Arbeitnehmern bis zu ihrem 45. Lebensjahr um 2 Monate verlängert. Arbeitnehmer im Alter von 45 bis 52 Jahren erhalten eine Verlängerung der Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung von 3 Monaten. Bei Arbeitnehmern im Alter von 52 bis 61 Jahren beträgt die Fristverlängerung 4 Monate. Der zusätzliche Kündigungsschutz bindet einseitig den Arbeitgeber.
5. Abfindungen
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte Kündigung oder durch nach dem 20/12/1990 abgeschlossene Beendigungsvereinbarung endet bzw. geendet hat, erhalten eine volle Abfindung.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch einen nach dem 08/10/1990, aber vor dem 20/12/1990 geschlossenen Beendigungsvereinbarung endet bzw. geendet hat, erhalten 50 % der im folgenden angesetzten Abfindung.
Auf diese Abfindungen werden bereits in den Aufhebungsverträgen vereinbarte Abfindungen angerechnet.
a.) Regelabfindung
Die Regelabfindung errechnet sich nach der Formel:
Bruttogehalt × Punkte × Jahre Betriebszugehörigkeit
1 Punkt = 1 Bruttomonatsgehalt (Durchschnittsgehalt aus den letzten drei abgerechneten Bruttomonatsgehältern/-Löhnen, wenigstens aber DM 3.200,– und höchstens...