Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Leiharbeitnehmers auf Zahlung eines tariflichen Branchenzuschlags
Leitsatz (amtlich)
1. Hinsichtlich des Vergleichsentgelts iSd. § 2 Abs. 4 Satz 1 TV BZ ME ist auf die Arbeitnehmer abzustellen, die die gleiche Tätigkeit wie der Leiharbeitnehmer ausüben und zeitnah zum streitgegenständlichen Zeitraum von der Entleiherin eingestellt wurden.
2. Bei der Vorschrift des § 2 Abs. 4 TV BZ ME handelt es um eine Einwendung des Verleihers gegen den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Zahlung des Branchenzuschlages. Für die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Einwendung, insbesondere die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer und die Höhe des Vergleichsentgelts, ist der Verleiher darlegungs- und beweispflichtig.
3. Im Hinblick auf die Höhe des Entgelts genügt der Verleiher seiner Darlegungspflicht durch Bezugnahme auf eine Auskunft des Entleihers, sofern dieser Verdienstbescheinigungen vergleichbarer Arbeitnehmer vorlegt. Es obliegt dann im Rahmen der abgestuften Darlegungslast dem Arbeitgeber, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und Weise zu bestreiten. Trägt er nicht vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vorgelegten Auskunft als zugestanden.
4. § 2 Abs. 4 Satz 2 TV BZ ME ordnet an, dass bei der Feststellung des Vergleichsentgelts im Kundenbetrieb das Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage der Branche unberücksichtigt bleibt. Es kommt nicht darauf an, ob im Kundenbetrieb eine (tarifliche) Leistungszulage tatsächlich gezahlt wird.
5. Nach der Protokollnotiz Nr. 3 zum TV BZ ME vom 7. September 2012 ist im Einzelfall eine Beschränkung des Branchenzuschlags möglich, "wenn der Kundenbetrieb eine entsprechende Deckelung geltend macht". Die Beschränkung des Branchenzuschlages nach § 2 Abs. 4 Satz 1 TV BZ ME kann auch konkludent geltend gemacht werden, insbesondere durch eine Aufstellung von Zahlen zum Vergleichsentgelt.
6. Es bleibt offen, ob der Entleiher, um Ansprüche auf Zahlung eines Branchenzuschlags gemäß § 2 Abs. 4 TV BZ ME "deckeln" zu können, eine darauf gerichtete Erklärung abgeben muss, bevor der Leiharbeitnehmer die Ansprüche auf Zahlung des Branchenzuschlags eingefordert hat oder schon bevor die Ansprüche auf Zahlung des Branchenzuschlags fällig sind. Offen bleibt auch, ob die Erklärung des Entleihers dem Arbeitnehmer zugleich zur Kenntnis gebracht werden muss.
Normenkette
TV BZ ME § 2
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 09.11.2017; Aktenzeichen 4 Ca 353/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2017 - 4 Ca 353/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger Ansprüche auf Zahlung eines tariflichen Branchenzuschlags zustehen.
Die Beklagte betreibt ein Zeitarbeitsunternehmen. Der Kläger war zunächst von 2003 bis zum 31. Dezember 2008 als Leiharbeitnehmer für die Beklagte tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 26. Mai 2009 neu begründet. Ausweislich des Arbeitsvertrages, den die Parteien unter dem 26. Mai/3. Juni 2009 abschlossen, wurde der Kläger als Produktionshelfer eingestellt. Der Kläger wurde, wie auch schon im Zeitraum bis Ende 2008, als Leiharbeitnehmer bei der I GmbH & Co. KG (nachfolgend: Entleiherin) in X eingesetzt. Dieses Unternehmen ist im Bereich der Metalloberflächenveredelung und des Korrosionsschutzes tätig. Der Kläger arbeitete dort bis zum Januar 2017. Bis Ende 2011 war der Kläger als Anlagenführer beschäftigt. Danach war er als "Aufstecker und Abzieher" tätig. Seine Arbeitsaufgaben bestanden darin, zu galvanisierende Teile auf entsprechende Haken und Aufnehmer zu stecken. Nach dem Galvanisierungsvorgang hatte der Kläger die fertigen Produkte abzuziehen und einzusortieren.
Unter dem 1. Mai 2011 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:
§ 1 Gegenstand
(...)
Der Mitarbeiter wird als Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig. Er ist mit wechselnden auswärtigen Einsätzen in der Bundesrepublik Deutschland einverstanden.
Der Mitarbeiter ist eingestellt als: Produktionshelfer/in
(...)
§ 2 Tarifvertrag
Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband IGZ und den DGB-Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche, bestehend aus dem Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen (MTV, ERTV, ETV, BSTV) sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied der Mitgliedsgewerkschaften der vorab genannten Tarifgemeinschaft ist.
(...)
§ 7 Vergütung
Die Vergütung richtet sich nach den tarifvertraglichen sowie ergänzenden nachfolgenden Regelungen. ... .
Entsprechend seiner vorgenannten Tätigkeit erfolgt eine Eingruppierung des Mitarbeiters gemäß Entgelttarifvertrag § 4 IGZ in die
Entgeltgruppe: E2 Diese Eingruppierung ist lediglich deklar...