Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustehen eines Anspruchs eines Arbeitnehmers auf eine einmalige tarifvertragliche Sonderzahlung in der Freistellungsphase der Altersteilzeit
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausschluss derjenigen Arbeitnehmer, die sich zum Stichtag der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in der Passivphase der Altersteilzeit befinden aus dem Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer ist rechtswirksam. Er verstößt weder gegen die Benachteiligungsverbote der §§ 4 Abs. 1 TzBfG und 7 AGG noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
AGG §§ 7, 3; TzBfG § 4 Abs. 1; GG Art. 3
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 02.11.2023; Aktenzeichen 6 Ca 2854-23) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.11.2023, Az. 6 Ca 2854/23 abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger in der Freistellungsphase der Altersteilzeit ein Anspruch auf eine einmalige, tarifvertragliche Sonderzahlung gemäß § 3 Nr. 11c EStG (Inflationsausgleichsprämie) in Höhe von 3.000,00 € zusteht.
Der Kläger ist seit dem 01. August 1978 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Er ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungs- gewerkschaft (ver.di). Die Beklagte ist ihrerseits Mitglied des Arbeitgeberverbandes energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen e.V. (AVEW), Tarifgruppe Integration. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag über die Tabellenvergütungen und Vergütungen für Arbeitnehmer, Auszubildende und dual Studierende der Tarifgruppe Integration des AVEW Anwendung.
Die Parteien schlossen am 25. / 28. Juli 2016 eine Altersteilzeitvereinbarung im sog. Blockmodell ab. Diese sieht eine Arbeitsphase vom 01. Juni 2018 bis 31. Mai 2022 und eine Freistellungsphase vom 01. Juni 2022 bei 31. Mai 2026 vor.
Die Arbeitgeberverbände AVEW und AVEU verhandelten ab März 2023 mit den Gewerkschaften ver.di und IG-BCE in der Tarifrunde 2023 über Tarifanpassungen. In den Tarifverhandlungen wurde von den Gewerkschaften zunächst eine Anhebung der Tabellenvergütung um 13%, mindestens jedoch 550,00 € brutto pro Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten gefordert, um die hohen Reallohnverluste durch die stark gestiegenen Verbraucherpreise einigermaßen auszugleichen. Nach mehreren Verhandlungsrunden kam es am 24. April 2023 zu einer Einigung über eine zweistufige Anhebung der Tabellenvergütung um zunächst 6 % für 15 Monate und sodann um weitere 4,5 % für 6 Monate sowie die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie von 3.000,00 €.
Am 24.04.2023 schlossen die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag über eine einmalige Sonderzahlung gem. § 3 Nr. 11 c Einkommenssteuergesetz (nachfolgend TV IAP). Dieser Tarifvertrag enthält folgende Regelungen:
"§ 1
Einmalige Inflationsausgleichsprämie
1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend "Arbeitnehmer") sowie Auszubildende und dual Studierende, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Tabellenvergütungen für Arbeitnehmer, Auszubildende und dual Studierende (TV Tabellen) der Tarifgemeinschaft Energie des AVEW, des Tarifvertrages über die Tabellenvergütungen und Vergütungen für Auszubildende und dual Studierende der Tarifgruppe Integration des AVEW, des Tarifvertrages über Tabellenvergütungen der Verhandlungsgemeinschaft enviaM/E.DIS des AVEU oder der Manteltarifverträge der E.ON Digital Technology GmbH, E.ON Accounting Solutions GmbH, E.ON Country Hub Germany, Energie-Pensions-Management GmbH, E.ON impulse GmbH, und E.ON Service E.ON SE, E.ON Energy Markets GmbH, E.ON Energy Solutions GmbH und E.ON Service GmbH fallen und die am 31.05.2023 (Stichtag) in einem ungekündigten nicht ruhenden Arbeitsverhältnis stehen, erhalten zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt eine Einmalzahlung (Inflationsausgleichsprämie). Mit der Einmalzahlung sollen die gestiegenen Verbraucherpreise abgemildert werden.
2) Die Höhe der Einmalzahlung beträgt bei Arbeitnehmern unabhängig von ihrem Beschäftigungsgrad 3.000 € und bei Auszubildenden 2.100 €. Geringfügig Beschäftigte erhalten die Sonderzahlung entsprechend ihrem jeweiligen Beschäftigungsgrad zum 31.05.2023. Arbeitnehmer, die sich zum 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befinden, erhalten keine Einmalzahlung. Arbeitnehmer, die sich zum 31.05.2023 in Elternzeit befinden, erhalten unabhängig vom Status ihres Beschäftigungsverhältnisses (ruhend/nicht ruhend) und vom jeweiligen Beschäftigungsgrad ebenfalls eine Einmalzahlung in Höhe von 3.000 €.
3) Die Einmalzahlung wird im Monat Juni 2023 ausgezahlt.
4) Die Einmalzahlung ist nicht ruhegeld- bzw. versorgungsfähig.
Protokollnotiz zu § 1 Abs. 1 ):
Die Inflationsausgleichsprämie wird zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt. Es handelt sich um eine Beihilfe bzw. Unterstützung des Arbeitgebers zur Abmilderung der gestiegenen Verbrauche...