Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Unterscheidung zwischen regelmäßiger Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit für die unterschiedliche Höhe an Nachtzuschlägen. Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch unterschiedlich hohe Nachtzuschläge. Weiter Spielraum der Tarifvertragsparteien bei Gestaltung von Zuschlägen bei Nachtarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Differenzierung bei der unterschiedlichen Höhe der Zuschläge für Nachtarbeit zwischen regelmäßiger Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit nach dem Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer und Auszubildende in der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie vom 16.03.1989 verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist zudem auch angemessen.
Normenkette
MTV für die Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie Fassung: 1989-03-16; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 10.01.2020; Aktenzeichen 2 Ca 1132/19) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 10.01.2020 - 2 Ca 1132/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 17.05.1999 als gewerblicher Mitarbeiter im 3-Schichtbetrieb beschäftigt.
Dabei verteilen sich die Schichten wie folgt: Frühschicht von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr, Spätschicht von 14:00 Uhr bis 22.00 Uhr, Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr.
Bis zum 28.02.2019 belief sich der Stundenlohn auf 19,50 EUR, ab dem 01.03.2019 auf 20,03 EUR. Nachtarbeitszuschläge werden jeweils mit der Grundvergütung für den Folgemonat zur Auszahlung gebracht.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie vom 16.03.1989 (zukünftig MTV) Anwendung.
Dort heißt es auszugsweise:
"§ 5 Begriffsbestimmungen für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
1. Mehrarbeit ist nach Möglichkeit zu vermeiden.
2. Mehrarbeit ist die Arbeit, die über die im Rahmen des § 3 betrieblich festgelegte regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinaus geleistet wird. Dies gilt nicht für Vor- und Nacharbeit im Sinne des § 4 AZO.
3. Jede angefangene halbe Stunde angeordneter Mehrarbeit wird als halbe Überstunde bezahlt.
4. Schichtarbeit muss sich im Rahmen des § 3 auf mindestens eine Woche erstrecken. Wird aus betrieblichen Gründen in durchgehend drei Schichten gearbeitet, so ist innerhalb der Arbeitszeit eine bezahlte Essenspause von 30 Minuten zu gewähren.
5. Nachtarbeit ist die Zeit von 20:00 bis 6:00 Uhr geleistete Arbeit, soweit es sich nicht um Schicht- und Nachtschichtarbeit handelt. Als Nachtschichtarbeit gilt die Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr geleistete Schichtarbeit...
§ 6 Zuschläge für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
Die Zuschläge zum vereinbarten (=effektiven) Stundenlohn betragen:
1. Mehrarbeit
für die ersten zwei Stunden täglich 25%
ab der 3. Stunde täglich 50%...
2. Schichtarbeit
Wird in Schichten gearbeitet, so ist für die zweite Schicht ein Zuschlag von 10% zu zahlen, sofern diese Schicht nach 18:00 Uhr endet.
3. für Nachtschichtarbeit 30%
4. für unregelmäßige Nachtarbeit 60%
5. für Sonntagsarbeit 100 %...
7. Von mehreren Zuschlägen ist jeweils nur der höchste zu zahlen, jedoch ist der Schichtzuschlag gem. Ziffer 2 und 3 daneben gesondert zu zahlen.
§ 7 Schichtfreizeit
Anspruch auf Schichtfreizeit entsteht, wenn mehr als die Hälfte der geleisteten Nachtschichten in der Zeit von 22 bis 6 Uhr fällt.
Für Nachtschichtarbeit wird folgende Schichtfreizeit gewährt:
a) Für Nachtschichtarbeit in ausschließlicher Nachtschicht je 1 Tag Schichtfreizeit für 60 geleistete Nachtschichten.
b) Für Nachtschichten im 3-Schicht-Betrieb je 1 Tag Schichtfreizeit für 15 geleistete Nachtschichten...
Ganze Tage an Schichtfreizeit sind im Bezugsjahr zu nehmen. Nachtschichten, die in einem Jahr nicht zu Schichtfreizeiten führen, weil ihre Summe die Bezugszahl nicht erreicht, werden auf das nächste Kalenderjahr vorgetragen.
Ist die Bezugszahl im Falle des Ausscheidens aus dem Betrieb eines Mitarbeiters nicht erreicht, verfällt der Restanspruch...
§ 22 Ausschlussfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb von drei Monaten nach ihrem Entstehen geltend gemacht werden.
Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Der Lauf der Ausschlussfrist ist bei Erkrankung oder Urlaub des Arbeitnehmers gehemmt bis zum Tage der Wiederaufnahme der Arbeit."
Der Kläger leistete Nachtarbeit in folgendem Umfang: 55,5 Stunden im Februar 2019, 24 Stunden im März 2019, 40 Stunden im April 2019 und 62 Stunden im Mai 2019, auf die die Beklagte einen Nachtzuschlag in Höhe von jeweils 30% zahlte.
Mit Schreiben vom 14.06.2019 (Bl. 6f. d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung eines weiteren Zuschlags in Höhe von 30%, mithin insgesamt 60%, für Nachtarbeit für die Monate März, April und Mai 2019 in Höhe von insgesamt 710,21 EUR brutto unter Verweis auf das Urt...