Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
ordentliche verhaltensbedingte Kündigungversuchter Lohnbetrug. Unregelmäßigkeit bei Zeiterfassung. fehlendes Abstempeln Schlechtleistung. Abmahnung Auflösung des Arbeitsverhältnisses Auflösungsgrund für Arbeitgeber Verhalten. Erklärungen eines Prozessbevollmächtigten Weiterbeschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch bei einem versuchten vorsätzlichen Lohnbetrug zu Lasten des Arbeitgebers sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ein einmaliger Sonderfall, der keine Wiederholungsgefahr in sich birgt, rechtfertigt keine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
2. Durch eine bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt der Arbeitgeber noch nicht seiner Darlegungslast in Bezug auf Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.
Normenkette
BGB § 611; KSchG § 1 Abs. 2, § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 15.06.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1551/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 15.06.2005 – 2 Ca 1551/04 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung sowie über einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Der am 07.10.1952 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 19.06.1990 bei der Beklagten, die mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigte, zunächst als Einrichter beschäftigt. Seit dem 01.10.1999 wurde er – nach einer entsprechenden Leistungsbeurteilung (Bl. 99 d.A.) – zunächst probeweise mit der Leitung der sogenannten „Bandseite” betraut. Die endgültige Übertragung dieser Aufgabe erfolgte – nach Verlängerung der Probezeit bis zum 31.10.2000 – rückwirkend mit Wirkung zum 01.10.2000. Unter dem 14.11.2000 schlossen die Parteien einen neuen Anstellungsvertrag (Bl. 14 ff.d.A.) über eine Tätigkeit als „Gruppenbetreuer Bandseite” bei gleichzeitiger Eingruppierung in die Tarifgruppe M 2 des Gehaltsrahmenabkommens für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen. In der Aufgabenbeschreibung wird die Tätigkeit des Klägers als „Segmentbetreuer” bezeichnet.
Mit Wirkung zum 01.04.2003 wurde dem Kläger zusätzlich zu seiner Verantwortung als Segmentbetreuer für die Bandseite I und II auch die Verantwortung für den Bereich Kupplungsbauteile übertragen (Bl. 20 d.A.).
Der Kläger erzielte zuletzt einen Verdienst von monatlich 3.150,00 EUR brutto. Wegen der zutreffenden Eingruppierung des Klägers ist ein Klageverfahren zwischen den Parteien beim Arbeitsgericht Siegen – 2 Ca 1673/04 – anhängig.
Die endgültige Übertragung der Tätigkeit eines Segmentbetreuers zunächst für die Bandseite sowie die spätere Erweiterung auf den Bereich Kupplungsbauteile erfolgte, obwohl seitens der Beklagten stets eine Führungsschwäche des Klägers bemängelt wurde. Aufgrund einer entsprechenden Beurteilung des damaligen Werkleiters Sxxxxx wurde die Probezeit bis zum 31.10.2000 verlängert. In einer Gesprächsnotiz über das Wochengespräch zwischen Betriebrat einerseits, Werksleitung und Personalleitung der Beklagten andererseits vom 11.09.2001 (Bl. 125 d.A.) heißt es u.a.:
„Bandseite
Seitens des Betriebsrats wird auf das Verhalten von Herrn N1xxx hingewiesen. Probleme kommen immer wieder auf, weil vom Meister und der Werkstattschreiberin keine klare Richtung in der Entlohnung erfolgt. Herr G2xx wird ein Gespräch mit Herrn N1xxx zu den Führungsproblemen führen.”
In einem zwischen dem inzwischen neu eingestellten Werksleiter G2xx und dem Kläger geführten Personalgespräch vom 08.11.2002 räumte der Kläger Schwächen beim Umgang mit schwierigen Mitarbeitern sowie der Durchsetzung von Anweisungen ein (Bl. 47 d.A.).
In einem Gespräch vom 17.04.2003 bot der Werksleiter dem Kläger eine Rückkehr zu seiner früheren Tätigkeit als Einrichter an (Bl. 9 d.A.).
Im Protokoll über das Wochengespräch zwischen Betriebsrat und Werks- und Personalleitung vom 16./18.03.2004 (Bl. 55 d.A.) heißt es u.a.:
„Bewertung Bandseite
Die Mitarbeiter der Bandseite wurden über die „Auswirkungen der neuen Entlohnung” nicht informiert. Auch die Regelung der Rückzahlungsmodalitäten wurden den Mitarbeitern nicht erklärt.
Die getroffenen Regelungen im Hinblick auf die 1. Bewertung sind aus Sicht des BR für die Mitarbeiter sehr demotivierend. Deshalb sollten diese Regelungen überarbeitet werden.”
Am 01.04.2004 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger, seinem direkten Vorgesetzten S7xxxxx, dem Werksleiter G2xx sowie dem Personalleiter S8xxxxx statt, das in einem Schreiben der Beklagten vom 04.05.2004 zusammen mit einem weiteren Gespräch zwischen dem Kläger, dem Werksleiter und dem Personalleiter vom 22.04.2004 von der Beklagten zusammengefasst wurde. In diesem Schreiben (Bl. 68 f.d.A.) heißt es u.a.:
„In der Vergangenheit haben wir Ihnen in einer Vielzahl von Gesprächen Hinweise zu unseren Erwartungen gegeben und Sie gebeten, sich mit den erkannten Defiziten ause...