Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundesprogrammlehrkraft. Stufenzuordnung. förderliche Tätigkeiten. derselbe Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen greifenden Grundsätzen. Es ist zunächst vom Wortlaut der tarifvertraglichen Bestimmung auszugehen. Der maßgebliche Sinn ist zu ermitteln, ohne am Buchstaben zu haften. Zu berücksichtigen sind der wirkliche Wille sowie der von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung, soweit dies in den tariflichen Normen Niederschlag gefunden hat. Dabei ist auch der tarifliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Sollten Zweifel verbleiben, kann auf die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden, ohne dass bei diesen Kriterien eine bestimmte Reihenfolge vorgegeben wäre. Letztlich ist die Tarifauslegung zu wählen, die eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare Lösung ermöglicht.
2. Eine vom Wortlaut einer Tarifnorm abweichende Auslegung ist nur möglich, wenn ein dem Willen der Tarifvertragspartner entsprechendes Auslegungsergebnis in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Dies ist im Interesse der Tarifvertragsunterworfenen und wegen der weitreichenden Wirkungen von Tarifverträgen aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geboten. Aus den Normen selbst heraus muss erkennbar sein, welchen Regelungsgehalt diese haben.
Normenkette
TV-L § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 21.08.2008; Aktenzeichen 6 Ca 2769/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21.08.2008 – 6 Ca 2769/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht Zahlungsansprüche gegen das beklagte Land vor dem Hintergrund einer aus seiner Sicht unzutreffenden Einstufung in die Entgeltgruppe 13 geltend.
Mit Arbeitsvertrag vom 16.04.2007 wurde der Kläger auf unbestimmte Zeit mit Wirkung vom 01.02.2007 als Lehrer im Anstellungsverhältnis eingestellt. Am 30.09.2007 fand das Arbeitsverhältnis sein Ende. Arbeitsvertraglich vereinbarten die Parteien, dass die Vergütung des Klägers vorbehaltlich einer von den Tarifvertragsparteien des TV-L noch zu vereinbarenden Entgeltordnung aus der Entgeltgruppe 13 TV-L erfolgen solle. Im Übrigen wurde festgehalten, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst bestimme.
Der Kläger war vom 01.09.1996 bis zum 31.08.2002 und vom 01.09.2004 bis zum 31.10.2006 als so genannte Bundesprogrammlehrkraft an verschiedenen ausländischen Schulen tätig. Eine Vermittlung an diese Schulen erfolgt über das Bundesverwaltungsamt. Status und Aufgaben der vermittelten Lehrkräfte ergeben sich aus dem Rahmenstatut für die Tätigkeit deutscher Lehrkräfte im Ausland – einer Verwaltungsvereinbarung, die zwischen Bund und Ländern am 21.12.1994 getroffen wurde (im Folgenden: Rahmenstatut). Darüber hinaus war der Kläger für mehrere private Bildungsträger als Lehrkraft tätig, unter anderem vom 06.09.2002 bis zum 21.07.2004 am Berufskolleg Ost der R2 B1 B2 GmbH. Wegen der Einzelheiten der beruflichen Tätigkeit wird auf die vom Kläger überreichte Auflistung (Bl. 7 d.A.) Bezug genommen.
Das beklagte Land vergütete den Kläger zunächst aus der Entgeltgruppe (EG) 13, Stufe 1 TV-L. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 19.06.2007 und forderte eine Vergütung aus EG 13 Stufe 5 TV-L. Das beklagte Land entsprach diesem Widerspruch teilweise, bewertete die Tätigkeit des Klägers am Berufskolleg Ost in B3 von September 2002 bis Juli 2004 als „förderlich” i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L und zahlte dem Kläger rückwirkend für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Vergütung aus EG 13, Stufe 2 TV-L.
Mit Erlass vom 23.02.2008 führte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des beklagten Landes zur Anwendung der Stufenzuordnung nach § 16 TV-L u.a. Folgendes aus:
„Aus Anläse (sic) der Einstellung von Lehrkräften im Tarifbeschäftigungsverhältnis ist bei der Stufenzuordnung von dem Ermessensinstrument des § 10 Abs. 2 Satz 4 TV-L Gebrauch zu machen. Bei der danach möglichen fakultativen Berücksichtigung vorheriger förderlicher beruflicher Tätigkeiten bitte ich im Interesse einer landeseinheitlichen Praxis Folgendes zu beachten:
Inhaltliche Anforderungen
Berücksichtigungsfähig ist jede nachgewiesene berufliche Vorerfahrung, die bei großzügiger Auslegung für den angestrebten Lehrerberuf dienlich sein kann. Dabei kommt es auf die Art der Beschäftigung (z. B. hauptberuflich, nebenberuflich, freiberuflich, geringfügig, kurzfristig, befristet, in Teilzeit, mit Unterbrechung) nicht an. Selbstständige Tätigkeiten (z. B. Nachhilfeunterricht) sind grundsätzlich durch Erklärungen im Rahmen der Einkommensteuer nachzuweisen.
(…)
3. Personenkreis/Rückwirkung
Die Regelungen gelten für Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis, die befrist...