Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit über Eingruppierung. Ausgeübte und auszuübenden Tätigkeit. Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit. Zustimmung der für Personalangelegenheiten zuständigen Stelle. Vertrauensschutz des Arbeitsnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT richtet sich die Eingruppierung des Angestellten nicht nach der von ihm ausgeübten, sondern der von ihm - nicht nur vorübergehend - auszuübenden Tätigkeit. Welche Tätigkeit der Angestellte auszuüben hat, bestimmt sich nach seinem Arbeitsvertrag. Die mit den im Arbeitsumfeld tätigen Kollegen und gegebenenfalls auch mit dem unmittelbaren Fachvorgesetzten abgestimmte Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit durch den Angestellten ohne - auch nur stillschweigende - diesbezügliche Zustimmung der für Personalangelegenheiten zuständigen Stelle des öffentlichen Arbeitgebers hingegen vermag einen Anspruch des Angestellten auf Höhergruppierung nicht zu begründen.

2. In bestimmten Fällen ist dem Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des BAG indes Vertrauensschutz zuzubilligen (hier bejaht).

 

Normenkette

TVöD; TVÜ-Bund § 17; BAT §§ 23, 22; TVöD Entgeltgruppe 9

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 26.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1471/13)

 

Tenor

  1. Auf den Einspruch des Klägers wird das Versäumnisurteil vom 26. März 2014 teilweise aufgehoben:

    Die Berufung der Beklagten wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Zuerkennung des Zahlungsantrags durch das Arbeitsgericht richtet.

  2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
  3. Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers für den Zeitraum Dezember 2011 bis August 2012.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 26. Januar 2010 beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sieht vor, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) richtet. Er wurde von der Beklagten zunächst in die Entgeltgruppe 5 TVöD eingruppiert. Sodann erfolgte vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. August 2012 eine Einstufung in die Entgeltgruppe 6 TVöD. Seither wird der Kläger nach der Entgeltgruppe 6 TVöD vergütet. Der Kläger wird im Kalibrierzentrum der Bundeswehr in M eingesetzt.

Der Kläger schloss am 23. November 2011 den Lehrgang “Kalibrierausbildung Fachrichtung Elektronik„ erfolgreich ab. Mit Schreiben vom 27. August 2012 teilte die Beklagte durch das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum A mit, dass er ab dem 1. September 2012 in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert sei. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger die höherwertige Tätigkeit bereits ab Ende November 2011 auf Anweisung seiner Vorgesetzten in M ausgeübt hat. Nach dem maßgeblichen Abgrenzungserlass ist hierfür allein das Bundeswehrdienstleistungszentrum A als personalbearbeitende Dienststelle zuständig.

Die Parteien haben zwei Tätigkeitsdarstellungen für den Kläger zu den Gerichtsakten gereicht, die beide von dem Leiter des Kalibrierzentrums Oberstleutnant P unterschrieben worden sind. Wegen des Inhalts der Tätigkeitsdarstellungen vom 23. November 2011 und 6. Juni 2012 wird ebenso auf den Akteninhalt Bezug genommen wie in Bezug auf den zu den Gerichtsakten gereichten E-Mail-Verkehr.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ab dem 1. Dezember 2011 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD zu. Hierzu hat er behauptet, er habe auf Anweisung seiner Vorgesetzten ab Ende November 2011 die höherwertige Tätigkeit ausgeübt. Der Laborleiter des Kalibrierzentrums Herr Regierungsamtsrat T habe ihm den Kalibrierstempel ausgehändigt und ihn angewiesen, ab sofort selbständig zu kalibrieren. Der Anweisung sei er nachgekommen. Die interne Zuständigkeitsverteilung bei der Beklagten sei ihm nicht bekannt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.295,86 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle zukünftigen materiellen Schäden, die sich aus der Verzögerung der Höhergruppierung von9 Monaten seit dem 01.09.2012 ergeben, zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, für die Eingruppierung komme es auf die auszuübende Tätigkeit an. Daher komme es gar nicht darauf an, ob der Kläger - was von ihr bestritten werde - ab Ende November 2011 die höherwertige Tätigkeit auf Anweisung seines Vorgesetzten verrichtet habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. September 2013 stattgegeben. Gegen das ihr am 15. Oktober 2013 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 14. November 2013 Berufung eingelegt und diese am 11. Dezember 2013 begründet.

Die Beklagte ist nach wie vor der Meinung, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit sei erst mit Schreiben vom 27. August 2012 zum 1. Septembe...

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