Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Geschäftsschädigung. Außerordentliche Kündigung wegen bewusster und gewollter Geschäftsschädigung
Leitsatz (amtlich)
Eine bewusste und gewollte Geschäftsschädigung, die geeignet ist, bei Geschäftspartnern des Arbeitgebers Misstrauen in dessen Zuverlässigkeit zu wecken, rechtfertigt regelmäßig eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urt. v. 06.02.1997 - 2 AZR 38/96 - m. w. N.). Auch ein einmaliger Vorgang bewusster und gewollter Geschäftsschädigung kann grundsätzlich geeignet sein, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu bilden (BAG, Urt. V. 17.06.1992 - 2 AZR 568/91 -).
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 30.11.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1452/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.11.2011 - 4 Ca 1452/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier fristloser Kündigungen des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist in der Stellung eines Prokuristen seit dem Juli 2002 bei der Beklagten beschäftigt. Geschäftsführer der Beklagten war der zum Zeitpunkt der Kündigung 81 Jahre alte Vater des Klägers, der zwischenzeitlich verstorben ist. Nachdem eine Einigung über eine Nachfolgeregelung zwischen dem Kläger und seinem Vater gescheitert war, kam es Anfang Juni 2011 zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, weil der Vater einen Betrag von 20.000,-- € von dem Konto der Beklagten abgehoben und den Betrag seiner Lebensgefährtin hat zukommen lassen. Die Beklagte widerrief am 06.06.2011 die Prokura und stellte den Kläger am 10.06.2011 mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben frei. Sie erteilte ihm zugleich ein Hausverbot. Daraufhin verfasste der Kläger auf dem Briefbogen der Beklagten ein Schreiben, welches er an die Hausbank der Beklagten, die K K , sowie die Firma C richtete und in welchem es u.a. heißt: "(...) leider muss ich Ihnen mitteilen, dass mir durch meinen 81jährigen krebskranken Vater die Prokura entzogen wurde. Zeitgleich wurde ich mündlich vor Zeugen fristlos gekündigt. Ich bitte, bei zukünftigen Kreditvergaben zu berücksichtigen, dass es keine Nachfolgeregelung gibt. (...)".
Hierauf kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.06.2011 fristlos und sodann erneut mit Schreiben vom 07.07.2011 außerordentlich, weil der Kläger Domains der Beklagten, die von einer ihm gehörenden Firma verwaltet werden, zunächst vorläufig und ab dem 27.06.2011 endgültig abgeschaltet hat.
Der Kläger hat behauptet, sein Vater sei aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage gewesen, die Firma zu führen und habe die wirtschaftliche Grundlage der Beklagten durch Entnahmen für sich und seine Lebensgefährtin gefährdet. Die Abschaltung der Domains sei erfolgt, weil die Beklagte das Nutzungsentgelt nicht entrichtet habe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.06.2011, ihm zugegangen am 14.06.2011 rechtsunwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen hinaus unverändert fortbesteht;
weiter festzustellen, dass die fristlose Kündigung vom 07.07.2011, ihm zugegangen am 11.07.2011, ebenfalls rechtsunwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen hinaus unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die fristlosen Kündigungen auf das geschäftsschädigende Verhalten des Klägers gestützt.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 30.11.2011 (Bl. 134 ff. d.A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits die fristlose Kündigung vom 10.06.2011 das Arbeitsverhältnis beendet hat. Der Kläger habe durch sein Schreiben vom 10.06.2011 geschäftsschädigende Äußerungen gegenüber Dritten getätigt und durch dieses schwerwiegende Fehlverhalten es der Beklagten unzumutbar gemacht, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 02.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.12.1011Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 29.02.2012 begründet.
Der Kläger rechtfertigt sein Schreiben vom 10.06.2011 damit, dass er seinen Vater aus familiärer Pflicht vor einer weiteren persönlichen Schuldenfalle habe bewahren wollen. Er habe nicht in Schädigungsabsicht gehandelt, es habe sich allenfalls um einen einmaligen Ausrutscher in einem abmahnungsfreien Arbeitsverhältnis gehandelt. Die Kündigung sei unverhältnismäßig. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sein Vater durch finanziell unangemessenes Verhalte...