Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichterfüllung der kündigungsrechtlichen Wartezeit bei unschlüssigen Darlegungen zum Betriebsübergang im Bewachungsgewerbe

 

Leitsatz (amtlich)

Übernimmt ein Bewachungsunternehmen 66 Prozent der Belegschaft, so ist damit ein Betriebsübergang regelmäßig ausgeschlossen (vgl. BAG vom 15.12.20111, 8 AZR 197/11).

 

Normenkette

BGB § 613a; KSchG § 1 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 13.06.2013; Aktenzeichen 6 Ca 2289/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.01.2015; Aktenzeichen 8 AZR 139/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, Weiterbeschäftigung und Zahlung.

Der Kläger ist seit 2002 als Objektschützer an der Hochschule der B. in A-Stadt tätig. Das letzte Arbeitsverhältnis vor dem hier im Streit befindlichen Vertrag hatte der Kläger befristet bis zum 30.06.2012 (Ende des Bewachungsauftrages) für die Firma S. Sicherheitsunternehmen. Zuletzt waren mit ihm bei diesem Arbeitgeber eine weitere Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräfte mit jeweils halber regelmäßiger Arbeitszeit beschäftigt. Nach Angaben des Klägers ist für seine Tätigkeit eine einwöchige Schulung bei der IHK erforderlich, die er absolviert hat.

Nachdem der Beklagte die Bewachungsaufgabe übernahm, stellte er den Kläger und die Vollzeitkraft, die bisher auch die gleiche Tätigkeit ausübte, mit Wirkung zum 01.07.2012 ein. Die beiden Teilzeitkräfte wurden nicht übernommen. Der Kläger erzielt einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.220,00 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden.

Der Kläger blieb vom 16. bis 30.11.2012 dem Dienst fern, wobei aufgrund eines entsprechenden Urlaubswunsches des Klägers der Dienstplan für diesen Zeitraum ohne Berücksichtigung des Klägers erstellt wurde. Mit Schreiben vom 28.11.2012, dem Kläger zugegangen am 30.11.2012, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.06.2013 - 6 Ca 2289/12 - Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28.11.2012, dem Kläger zugegangen am 30.11.2012, nicht fristlos beendet wurde, sondern zum 14.12.2012.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 616,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.12.2012 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Der Kläger trägt 78 %, der Beklagte 22 % der Kosten des Rechtsstreits.

5. Der Streitwert wird auf 5.573,00 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es läge kein Beweis vor, dass der Kläger tatsächlich während des Dienstes Alkohol getrunken hätte. Die Urlaubsnahme des Klägers sei auch kein Grund zur Kündigung. Der Kläger habe aufgrund der Dienstplaneinteilung von einer Genehmigung ausgehen dürfen.

Die Kündigung sei jedoch als ordentliche Kündigung während der Probezeit wirksam. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei erst zum 01.07.2012 begründet worden. Ein Betriebsübergang liege nicht vor. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Aufgrund der teilweisen Übernahme der Belegschaft, die ebenso wie zuvor zur Bewachung der Hochschule eingesetzt worden sei, hätte ein Betriebsübergang stattgefunden. Deshalb könne er sich auch auf den Kündigungsschutz berufen.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.06.2013 - 6 Ca 2289/12 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28.11.2012, dem Kläger zugegangen am 30.11.2012, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ferner beantragt sie im Wege der mit Schriftsatz vom 04.10.2013 eingelegten Anschlussberufung,

unter teilweiser Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Kündigung des Beklagten vom 28.11.2012 zum 30.11.2012 beendet wurde.

Auch sei die fristlose Kündigung aufgrund des Verstoßes gegen das Alkoholverbot wirksam.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Anschlussberufung ist ebenfalls nicht begründet. Dies wurde versehentlich im Tenor nicht berücksichtigt.

1.

Die Berufung des Klägers ist mit dem Ziel eingelegt worden, festzustellen, dass die Kündigung deshalb unwirksam ist, weil der Kläger sich auf den Kündigungsschutz berufen könne. Der Übergang des Bewachungsauftrages stelle einen Betriebsübergang dar. Damit wäre die Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt.

E...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge