Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Unterlassen nicht vertragsgemäßer Beschäftigung neben Beschäftigungsanspruch. Verbotsverfügung. Feststellungsverfügung. Befriedigungsverfügung. Selbstwiderlegung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitnehmer hat – neben dem allgemeinen Beschäftigungsanspruch – keinen Anspruch iSv. § 194 Abs. 1 BGB darauf, dass der Arbeitgeber die Zuweisung einer vertraglich nicht geschuldeten Arbeit oder eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung unterlässt, sondern nur das Recht, nicht geschuldete Arbeit zu verweigern.
2. Für eine einstweilige Verfügung, die dem Arbeitgeber verbieten soll, dem Arbeitnehmer eine vertraglich nicht geschuldete Arbeit zuzuweisen oder ihn nicht vertragsgemäß zu beschäftigen, gibt es daher generell weder einen Verfügungsanspruch noch einen Verfügungsgrund.
3. Eine einstweilige Feststellungsverfügung ist generell unzulässig.
4. Der Arbeitnehmer hat die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung selbst widerlegt, wenn er sich – auf die Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit – zunächst monatelang mit dem Vorbehalt der gerichtlichen Prüfung seiner Arbeitspflicht und einer entsprechenden Feststellungsklage begnügt hat.
Normenkette
BGB § 611; GewO § 106; ZPO § 940
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 29.07.2004; Aktenzeichen 7 Ga 27/04) |
Tenor
1.Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil desArbeitsgerichts Regensburg vom29.07.2004 – 7 Ga 27/04 – aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten durch eine einstweilige Verfügung verboten werden kann, dem Kläger eine bestimmte Tätigkeit zuzuweisen.
Der am 22.01.1947 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1970 Arbeitnehmer des Beklagten. Für das Arbeitsverhältnis gelten nach Maßgabe des Arbeitsvertrags vom 24.08.1971 die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR).
Seit dem 01.01.1996 war dem Kläger nach Maßgabe des Arbeitsvertragsnachtrags vom 22.12.1995 die Geschäftsführung des Caritasverbandes L übertragen. Seit dem 01.01.1998 war der Kläger nach Maßgabe des Arbeitsvertragsnachtrags vom 30.01.1998 in die Vergütungsgruppe 1a AVR eingruppiert. Der Kläger war als sog. Caritasdirektor für den Caritasverband L gesamtverantwortlich, alleinvertretungsberechtigt und Dienstvorgesetzter von ca. 150 Mitarbeitern.
Mit Schreiben vom 20.10.2000 wurde der Kläger von seiner Aufgabe als Geschäftsführer des Caritasverbandes L suspendiert. In dem über diese Suspendierung geführten Rechtsstreit 6 Ca R schlossen die Parteien am 28.03.2001 einen Vergleich, der unter der Nr. 2 folgenden Inhalt hat:
Die Parteien sind sich einig, dass im Sinne eines Neubeginns beim Caritasverband L eine Tätigkeit des Klägers in L nicht opportun ist. Der Kläger bleibt derzeit unter Fortzahlung der Vergütung weiterhin von der Arbeitsleistung freigestellt.
Mit Schreiben vom 28.10.2003 wies der Beklagte dem Kläger mit Wirkung vom 01.12.2003 „die Funktion des Geschäftsführers für Kindertagesstätten” kirchlicher Rechtsträger in der Diözese R zu, für die der Beklagte seinerseits auf Grund entsprechender Verträge die Geschäftsführung übernehmen will. Der Kläger antwortete dem Beklagten darauf mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2003, dass er die ihm zugewiesene Tätigkeit nur unter dem Vorbehalt der arbeitsgerichtlichen Überprüfung verrichten werde. Mit Schreiben vom 14. und 26.11.2003 und auch mündlich konkretisierte der Beklagte die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit. Danach sollte der Kläger zunächst ein Konzept für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten durch den Beklagten erarbeiten, ab Beginn des Kindertagessstättenjahres 2004/2005 zwei Jahre lang das erarbeitete Konzept als Geschäftsführungsmodell mit ca. 20 Kindertagesstätten umsetzen und erproben und dann die Geschäftsführung möglichst aller Kindertagesstätten durch den Beklagten verwirklichen. Der Kläger nahm die ihm zugewiesene Tätigkeit am 01.12.2003 auf und erarbeitete auftragsgemäß ein Konzept bzw. Modell für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten durch den Beklagten.
Der Kläger hat aber schon mit seiner Klage vom 02.01.2004 in dem Rechtsstreit 2 Ca 7 R geltend gemacht, dass die ihm zugewiesene Tätigkeit des „Geschäftsführers …” nicht seiner Eingruppierung entspreche und damit keine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung sei. Er hat zunächst die entsprechende generelle Feststellung und die Verurteilung des Beklagten zur Zuweisung einer seiner Eingruppierung entsprechenden Tätigkeit beantragt. Mit Schriftsatz vom 30.04.2004 hat er hilfsweise – für den Fall der Abweisung der Feststellungsklage – beantragt, dem Beklagten zu untersagen, ihm eine Tätigkeit als „Geschäftsführer …” bzw. die Erarbeitung einer Konzeption für die „Geschäftsführung der Kindertagesstätten” zuzuweisen. Die Leistungsklagen auf eingruppierungsgerechte Beschäftigung und auf Untersagung der Zuweisung einer Tätigkeit als „Geschäftsführer …” hat der Kläger zurückgenommen. Auf den – eingeschränk...