Entscheidungsstichwort (Thema)

Funktion der Überleitungsvorschrift des § 29b Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA. Tarifsystematik der Eingruppierung nach § 12 Abs. 2 TVöD-K

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Innerhalb einer festgelegten Frist können die Beschäftigten mit einem Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA ihre Eingruppierung in das Entgeltgruppensystem des § 12 TVöD-K beantragen. Bei diesem Antrag handelt es sich um eine einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung und die geänderte Eingruppierung ist die unmittelbare Rechtsfolge. Der Antrag entfaltet also konstitutive Wirkung, ohne dass es einer entsprechenden Annahmeerklärung des Arbeitgebers bedarf.

2. Die Beschäftigten werden in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entspricht. Es müssen demnach mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tarifmerkmals oder mehrerer Tarifmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen, die - bezogen auf den Aufgabenkreis des Beschäftigten - zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Dabei ist jeder Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten und darf nicht hinsichtlich der Anforderungen zeitlich aufgespalten werden.

 

Normenkette

TVöD-K § 12; TVöD-VKA EntgO; TVöD-K § 13; TVÜ-VKA § 1 Abs. 2, §§ 29, 29b Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kempten (Entscheidung vom 18.07.2019; Aktenzeichen 2 Ca 1435/18)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 18.07.2019 - 2 Ca 1435/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin, die ein Sportstudium mit dem Abschluss "Diplom" absolviert hat, bewarb sich 2014 bei der Beklagten um eine Beschäftigung als Sporttherapeutin gemäß der Stellenausschreibung von Blatt 38 d. A. Danach war für die Organisation und Durchführung der Sporttherapie in Form von Einzel- und Gruppentherapien eine abgeschlossene Ausbildung zur/zum Sporttherapeutin/Sporttherapeuten oder ein vergleichbarer Abschluss erforderlich. Die Klägerin wurde zum 01.12.2014 als Sporttherapeutin bei den C. eingestellt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser (TVöD-K) und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in dem TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem sollten die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung finden.

Damit sind für den Rechtstreit nachfolgende Tarifverträge auszugsweise wie folgt maßgeblich:

TVÜ-VKA:

§ 29b Höhergruppierungen

(1) 1Ergibt sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück; nach dem Inkrafttreten der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eingetretene Änderungen der Stufenzuordnung in der bisherigen Entgeltgruppe bleiben bei der Stufenzuordnung nach den Absätzen 2 bis 5 unberücksichtigt. 3Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Januar 2017, beginnt die Frist von einem Jahr nach Satz 1 mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück.

...

TVöD-K:

§ 12 Eingruppierung

(1) 1Die Eingruppierung der/des Beschäftigten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA). 2Die/Der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.

(2) 1Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. 2Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. 3Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. 4Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Satz 2 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung. 5Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von den Sätzen 2 bis 4 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt diese...

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