Revisionsschrift
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt. Stichtagsregelung im Tarifvertrag. Wegfall von Zulagen
Leitsatz (redaktionell)
In einem Tarifvertrag, der ein neues Vergütungssystem einführt, kann durch eine pauschale Stichtagsregelung der Wegfall von Zulagen kompensiert werden, auch wenn einzelne Arbeitnehmer hierdurch Nachteile erleiden.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 24.09.2002 – Az.: 1 Ca 927/02 – abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf eine tarifliche Zulage.
Der am 12.11.1954 geborene, verheiratete Kläger, Vater dreier Kinder, ist seit dem 01.04.1973 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Fernmeldemonteur beschäftigt.
Nach dem bei der Beklagten bis 30.06.2001 geltenden tarifvertraglichen Vergütungssystem erhielt der Kläger für jedes Kind, für das ihm Kindergeld zustand, einen Sozialzuschlag in Höhe von EUR 83,84 brutto monatlich. Für seinen volljährigen Sohn, der in der Zeit vom 03.11.2000 bis 31.08.2001 seinen Grundwehrdienst ableistete, bezog er während dieses Zeitraums keinen Sozialzuschlag, hätte einen solchen jedoch wieder bezahlt erhalten, nachdem dieser Sohn ab 01.09.2001 mit seinem Studium begann.
Die Beklagte führte mit Wirkung ab dem 01.07.2001 ein neues tarifvertragliches Vergütungssystem ein, das u.a. keinen Ortszuschlag/Sozialzuschlag mehr beinhaltet. Als Ausgleich für den Wegfall bestimmter Vergütungsbestandteile ist in § 13 des Tarifvertrages über Sonderregelungen (TVSR) eine sogenannte besondere Umstellungszulage vereinbart worden; des weiteren in § 11 Abs. 3 TVSR eine sogenannte Stufenzulage. Bezüglich des konkreten Inhalts dieser tarifvertraglichen Regelungen wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Bl. 8,9 d.A.) verwiesen.
Mit seiner am 21.01.2002 beim Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – eingereichten Klage vom 17.01.2002 begehrt der Kläger die Zahlung einer zusätzlichen Umstellungszulage für seinen studierenden Söhn ab dem 01.09.2001. Von ihm wird für die Zeit von September 2001 bis Mai 2002 insgesamt ein Betrag von EUR 744,49 brutto geltend gemacht.
Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – hat mit Beschluss vom 25.04.2002 den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Bayreuth verwiesen.
Wegen der Anträge der beiden Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Bayreuth hat mit Endurteil vom 24.09.2002 der Klage stattgegeben.
Gegen das der Beklagten am 04.12.2002 zugestellte Urteil hat diese mit Telefax ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.12.2002 Berufung beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingelegt und sie innerhalb der bis zum 04.04.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Telefax vom 01.04.2003 begründet.
Die Beklagte meint, auch wenn der Kläger nach dem alten Vergütungssystem ab dem 01.09.2001 für seinen studierenden volljährigen Sohn einen Sozialzuschlag erhalten hätte, führe dies nicht zu einer Erhöhung der nach dem TVSR zu zahlenden Zulage. Die tariflichen Zulagenregelungen würden nämlich auf die Einkommenssituation im Monat Juni 2001 abstellen, in dem der Kläger für seinen volljährigen Sohn wegen der damaligen Ableistung des Wehrdienstes keinen Sozialzuschlag erhalten habe. Die Stichtagsregelung mit Wirkung zum 01.07.2001 sei rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere verstoße sie nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Bei der gerichtlichen Kontrolle von Tarifverträgen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG sei bereits aus grundsätzlichen Überlegungen Zurückhaltung geboten, denn den Tarifvertragsparteien stehe im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Soweit eine Ungleichbehandlung aus der von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Stichtagsregelung resultiert, sei dies hinzunehmen. Stichtagsregelungen in Tarifverträgen seien zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises zulässig; dies sowohl bei der Einführung von Leistungen als auch beim Inkrafttreten belastender Regelungen.
Für die Zahlung einer Zulage gemäß den Regelungen des TVSR wegen der Umstellung des Vergütungssystems hätten die Tarifvertragsparteien auf die konkrete Einkommenssituation im Monat Juni 2001 abstellen dürfen, auch wenn dies im Einzelfall zu wirtschaftlichen Nachteilen führe. Hiervon betroffen sei allenfalls eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern und auch deren Nachteil sei nicht sehr gravierend. Die Sonderregelung für arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer, denen im Monat Juni 2001 überhaupt kein Vergütungsanspruch zustand, könne nicht erweiternd auf die Fallkonstellation beim Kläger angewandt werden. Hierin könne keine g...