Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Bonuszahlungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Erfolgt eine Zielvorgabe entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht oder zu einem so späten Zeitpunkt, dass ihr keinerlei sinnvolle Anreizfunktion mehr zukommen kann, kann der Arbeitgeber sich schadensersatzpflichtig machen. 2. Bei der Schadensberechnung wegen einer verspäteten Zielvorgabe ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hat der Arbeitgeber darzutun und im Einzelfall zu beweisen.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 3, §§ 281, 82, 283, 275
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 25.10.2023; Aktenzeichen 5 Ca 146/23) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Aschaffenburg - vom 25.10.2023, Az. 5 Ca 146/23, wird auf Kosten der Berufungsklägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen entgangener Bonuszahlungen für das Geschäftsjahr 2021.
Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 19.10.1988 zuletzt als Assistenz im Bereich Sales auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 beschäftigt. Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin zuletzt ein jährliches Fixgehalt in Höhe von 66.887,40 € brutto.
Das Geschäftsjahr der Beklagten beginnt jeweils am 01.01. und endet am 31.12..
§ 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrages lautet auszugsweise:
"(...) Am Ende des Geschäftsjahres erhält die Mitarbeiterin zusätzlich einen Bonus auf Basis einer Zielvereinbarung.
Die näheren Bedingungen ergeben sich aus den Regelungen des H. Bonus-Systems.
Diese Regelung ist Bestandteil dieses Vertrages. (...)"
Diese Regelungen über die Zahlung eines jährlichen Bonus lauten wie folgt:
"Das H. Bonus System
H. will mit ihren wertvollen Mitarbeitern weiter wachsen. Deshalb müssen wir für diese Mitarbeiter ein attraktiver Arbeitgeber sein und sie durch geeignete berufliche Förderung und Entwicklung an das Unternehmen binden. Das H. Bonus System ist ein Instrument um Leistungsträger zu motivieren und den hohen Leistungsstandard zu sichern.
Der Vorstand von H. hat beschlossen, für ausgewählte Gruppen von Leistungsträgern ein unternehmenseinheitliches Bonus System einzuführen. Die Auswahl und Benennung dieser Leistungsträger erfolgt durch den Vorstand auf Grund von Empfehlungen der Führungskräfte und von Human Resources.
Jeder Leistungsträger, der das Erreichen der Unternehmensziele durch seinen Beitrag erkennbar beeinflussen kann, ist ein potenzieller Kandidat für die Teilnahme am Bonus System.
Es besteht allerdings kein Anspruch auf Aufnahme in das System. Es liegt außerdem im Ermessen des Vorstandes, die Berechnungsmodalitäten für den Bonus der aktuellen Entwicklung anzupassen. Mit der Teilnahme am unternehmenseinheitlichen Bonus System ist die Zahlung von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und sonstigen Jahresabschlussvergütungen ausgeschlossen.
Grundkonzeption
Der Bonus wird zusätzlich zum fixen Jahreseinkommen gezahlt. Der Bonus ist auf 26% vom Jahresgrundgehalt begrenzt. Er wird nach Abschluss des Geschäftsjahres berechnet und ausgezahlt.
Grundsätzlich besteht der Bonus aus 3 Elementen:
Erstes Element: Basis ist die Zielerreichung von 3-7 individuellen Zielen, definiert in den Zielvereinbarungsgesprächen. Zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres definiert der Vorgesetzte mit seinem Mitarbeiter gemeinsam Ziele, die auf die Erreichung der Unternehmensziele ausgerichtet sind. Diese Ziele müssen spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch und terminiert sein.
Das Erreichen von 100% der individuellen Ziele bedeutet einen Bonus in Höhe von 12% des fixen Jahresgrundgehalts.
Zweites Element: Basis für dieses Element ist der Grad der Zielerreichung der nächst höheren Organisationseinheit des Mitarbeiters. Gewöhnlich wird dies der Grad der Zielerreichung des direkten Vorgesetzten sein. Falls neben dem disziplinarischen zusätzliche, funktionale Vorgesetzte existieren, soll der Durchschnittswert von deren Zielerreichung einbezogen werden.
Das Erreichen von 100% der Ziele seiner Organisationseinheit bedeutet einen Bonus in Höhe von 7% des fixen Jahresgrundgehalts.
Wenn die nächst höhere Vorgesetztenebene der H. Vorstand ist, existiert kein zweites Element. In diesem Fall zählt das dritte Element doppelt.
Drittes Element: Basis für diesen Teil des Bonus ist das finanzielle Ergebnis der H. Group. Maßstab ist der Net Operating Profit und ggf. weitere messbare Unternehmensziele. Das Erreichen von 100% der Ziele dieser Ebene bedeutet einen zusätzlichen 7% Bonus auf das fixe Jahresgrundgehalt.
Insgesamt können also 26% des Jahresgrundgehalts als Bonusleistung erzielt werden.
(...)
Für das Bonussystem gelten folgende Regelungen:
Die Unternehmensführung behält es sich vor, das bestehende Bonussystem der aktuellen Entwicklung und entsprechend den Erfordernissen anzupassen.
Die Zielvereinbarung f...