Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Maximale Post-Doc-Phase und Promotionszeit von sechs Jahren zulässig
Leitsatz (amtlich)
Die Höchstbefristungsdauer für das Arbeitsverhältnis eines wissenschaftlichen Mitarbeiters in der Post-Doc-Phase an einer Hochschule kann nicht wirksam gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG verlängert werden, wenn bereits die Promotionszeit mit sechs Jahren voll ausgeschöpft worden war.
Normenkette
BGB § 124; HochSchG RLP § 58; HRG § 57b Abs. 1; WissZeitVG § 2 Abs. 1, 3; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 05.03.2020; Aktenzeichen 3 Ca 1039/19) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeiterichts Mainz vom 5. März 2020 - 3 Ca 1039/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung.
Der 1969 geborene Kläger wurde von der J. W. G.-U., A-Stadt, mit Annahmebescheid vom 6. Mai 1998 als Doktorand im Promotionsfach Philosophie gemäß der dort geltenden Promotionsordnung vom 20. Januar 1988 angenommen. Seine Promotionszeit endete nach etwas mehr als sechs Jahren und sieben Monaten am 15. Dezember 2004 mit der erfolgreichen Verteidigung der Dissertation, woraufhin ihm mit Urkunde vom selben Tag der Grad eines Doktors der Philosophie verliehen wurde (Bl. 7 d.A). Über Beginn und Ende der Promotionszeit erteilte die G.-U.dem Kläger eine Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber unter dem 7. August 2019 (Bl. 64 d.A).
Der Kläger war nach seiner Promotion auf der Grundlage mehrerer Arbeitsverträge mit der G.-U. F. als wissenschaftlicher Mitarbeiter in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt wie folgt:
- vom 1. April 2008 bis 31. März 2009 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 17. März 2008 (12 Monate) und
- vom 1. April 2009 bis 31. März 2011 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 26. Januar 2009 (24 Monate).
Er bewarb sich danach bei der Beklagten und füllte in diesem Zusammenhang deren Vordruck "Erklärung zu Vorbeschäftigungen (Anlage zum Personalbogen)" unter dem 11. Mai 2014 unter Abschnitt A [nach Erreichen des Hochschulabschlusses in folgenden befristeten Beschäftigungsverhältnissen gestanden] aus, nicht jedoch die Erklärung zu Abschnitt B [Beginn und Ende des Promotionsvorhabens]. Der Vordruck endet mit der Zeile: "Mir ist bekannt, dass wahrheitswidrige Angaben die Anfechtung des Arbeitsvertrages zur Folge haben können." gefolgt von einer Unterschrift des Klägers (Bl. 46 d.A).
Vor diesem Hintergrund war der Kläger sodann auf der Grundlage mehrerer Arbeitsverträge mit der U. K.-L. gemäß § 56 Abs. 1 HochschulG RLP als Lehrkraft für besondere Aufgaben in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt wie folgt:
- vom 13. Mai 2014 bis 12. Mai 2017 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 12. Mai 2014 mit der Beklagten (36 Monate),
- vom 13. Mai 2017 bis 12. August 2019 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 27. April 2017 mit der Beklagten (27 Monate) und diesen Vertrag mit Wirkung zum 30. Juni 2017 auflösend zuletzt
- vom 1. Juli 2017 bis 12. August 2019 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 8. Juni 2017 (Bl. 25 f. d.A) mit der Beklagten.
Im Arbeitsvertrag vom 8. Juni 2017 heißt es, soweit hier von Bedeutung (Bl. 25 f. d.A):
"§ 1
Herr Dr. A. wird ab 01.07.2017 bis 12.08.2019 als vollbeschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter nach § 56 Absatz 1 HochSchG weiterbeschäftigt. Die Lehrverpflichtung beträgt 8 Wochenstunden.
§ 2
[...]
Die Befristung des Vertrages beruht auf § 30 Absatz 1 Satz 1 TV-L i.V.m. § 2 Absatz 1 WissZeitVG."
Die Dauer aller befristeten Arbeitsverhältnisse des Klägers in der Post-Doc-Phase an der G.-U. F. und an der U. K.-L. betrug inesamt acht Jahre und drei Monate, mithin 99 Monate (Bl. 45 d.A).
Mit der am 18. Juli 2019 beim ArbG Mainz eingereichten Klageschrift, die der Beklagten am 26. Juli 2019 (Bl. 40 d.A) zugestellt wurde, wendet sich der Kläger gegen die Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 8. Juni 2017.
Der Kläger hat vorgetragen:
Die Befristung im Arbeitsvertrag vom 8. Juni 2017 sei unwirksam, weil gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG nach abgeschlossener Promotion eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nur bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig sei, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolge. Er sei aber bereits seit dem 1. April 2008 an deutschen Hochschulen befristet beschäftigt, womit die zulässige Befristungshöchstdauer überschritten sei (Bl. 4 d.A).
Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG dürfe die zulässige Befristungsdauer für die Beschäftigung in der Post-Doc-Phase nur in dem Umfang verlängert werden, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben (Bl. 62 d.A). Da seine Promoti...