Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Arbeitspflicht bei Annahmeverzug des Arbeitgebers. Annahmeverzug. Kündigung. fristlose
Leitsatz (redaktionell)
Befindet sich der Arbeitgeber in Folge Ablaufs der Kündigungsfrist nach Ausspruch einer rechtsunwirksamen Kündigung in Annahmeverzug, so besteht während des Annahmeverzugs grundsätzlich keine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Einer auf Verletzung der Arbeitspflicht gestützten außerordentlichen Kündigung fehlt deshalb bereits der wichtige Grund.
Normenkette
BGB §§ 615, 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 10.03.2004; Aktenzeichen 4 Ca 1037/03) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 10.03.2004, Az.: 4 Ca 1037/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung.
Der am 28.11.1958 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 02.05.1999, bei der Beklagten, die ein Busunternehmen betreibt, als Busfahrer gegen Zahlung eines durchschnittlichen monatlichen Arbeitslohnes in Höhe von 1.800,00 EUR brutto beschäftigt.
Mit Schreiben vom 05.09.2002 kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.09.2002. Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – mit Urteil vom 29.01.2003 (Az.: 4 Ca 1071/02 PS) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 05.09.2002 nicht aufgelöst worden ist; die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung ist mit Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 30.07.2003 (Az.: 9 Sa 521/03) zurückgewiesen worden.
In einem Schreiben vom 28.08.2003 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit, dass auf Rechtsmittel gegen das Urteil vom 30.07.2003 verzichtet werde. Des Weiteren richtete der Beklagtenvertreter folgendes Schreiben gleichen Datums an den Klägervertreter:
„Mit Schriftsatz vom 28.08.2003, der in Kopie beigefügt ist, haben wir auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 30.07.2003 verzichtet.
Somit ist die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis Ihres Mandanten nicht beendet ist, rechtskräftig.”
Am 23.10.2003 erschien der Kläger zur Arbeitsaufnahme an seinem Arbeitsplatz. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht über einen Ausweis verfügte, der ihn zum Einsatz auf amerikanischem Militärgelände berechtigte und von der Beklagten hätte beantragt werden müssen, konnte die Beklagte den Kläger nicht einsetzen. Mit Schreiben vom gleichen Tag, das aber versehentlich auf den 29.03.2003 datiert wurde und dem Klägervertreter noch am 29.10.2003 per Telefax zuging, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis fristlos (Bl. 20 f. d.A.).
Der Kläger hat mit seiner am 06.11.2003 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – eingegangenen Klage die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht.
Nachdem für die Beklagte zu dem anberaumten Gütetermin niemand erschienen war, hat das Arbeitsgericht mit Versäumnisurteil vom 11.12.2003 (Bl. 14 f. d.A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 29.03.2003 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat gegen dieses Versäumnisurteil, das ihr am 16.12.2003 zugestellt worden ist, bereits am 11.12.2003 Einspruch beim Arbeitsgericht eingelegt.
Der Kläger macht geltend,
es fehle an einem wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Beklagte den Kläger nach der rechtsunwirksamen Kündigung nicht aufgefordert habe, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die einfache Mitteilung, dass Rechtsmittel gegen ein Urteil nicht eingelegt werden würden, sei keine entsprechende Aufforderung. Der Torpass des Klägers, welcher ihn berechtigte habe, amerikanisches Militärgelände zu betreten, sei im Juli 2003 bereits abgelaufen gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt aus,
die fristlose Kündigung sei zu Recht erfolgt, da der Kläger seiner Arbeitspflicht nicht nachgekommen sei, obwohl ihm mitgeteilt worden sei, dass das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts vom 30.07.2003 seit dem 28.08.2003 rechtskräftig geworden sei. Am 23.10.2003 sei der Kläger nicht einsetzbar gewesen, da er nicht im Besitz eines Torpasses für das amerikanische Militärgelände, auf welchem US-Schulkinder hätten zur Schule gebracht werden müssen, gewesen sei.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat mit Urteil vom 10.03.2004 sein Versäumnisurteil vom 11.12.2003 aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
es fehle an einem Grund für eine fristlose Kündigung, da die Beklagte dem Kläger keinen funktionstüchtigen...