Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafhaft als personenbedinger Kündigungsgrund. Kündigung. ordentliche. Strafhaft
Leitsatz (redaktionell)
Ein personenbedingter Kündigungsgrund liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer, aufgrund einer Inhaftierung gehindert ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Es hängt dann von der Haftdauer sowie von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die haftbedingte Nichterfüllung der Arbeitspflicht eine ordentliche Kündigung nach § 1 KSchG rechtfertigt.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen 4 Ca 627/03 PS) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 17.12.2003, Az.: 4 Ca 627/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der am 19.01.1959 geborene, verheiratete Kläger, der drei Kinder hat, war seit Oktober 1999 bei dem Beklagten, der mit in der Regel zehn Arbeitnehmern ein Unternehmen im Bereich Grubenentleerung, Kanalreinigung und Kanalsanierung betreibt als LKW-Fahrer gegen Zahlung einer monatlichen Arbeitsvergütung in Höhe von zuletzt 1.942,91 EUR brutto beschäftigt. Drei der Arbeitnehmer, die für den Beklagten arbeiten, sind im Büro eingesetzt und sieben – einschließlich des Klägers – als LKW-Fahrer.
Mit Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 19.03.2002 wurde der Kläger wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Betrug rechtskräftig zu einer Haftstrafe von sechs Jahren ohne Bewährung verurteilt. Am 01.04.2003 trat er die Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt A-Stadt an. Der Beklagte stellte im Mai 2003 einen LKW-Fahrer ein.
Mit Schreiben vom 20.06.2003 (Bl. 3 d.A.) kündigte der Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.07.2003.
Am 10.07.2003 hat der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – erhoben.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 17.12.2003 (dort S. 3 f. = Bl. 81 f. d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 20.06.2003 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat mit Urteil vom 17.12.2003 (Bl. 79 ff. d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung darauf verwiesen, dass ein personenbedingter Kündigungsgrund im Sinne von § 1 KSchG vorliegt. Aufgrund der sechsjährigen Haftstrafe sei der Kläger nicht mehr in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen und dem Beklagten, der einen Kleinbetrieb unterhalte, sei es nicht zumutbar, abzuwarten, bis der Kläger möglicherweise einen Freigängerstatus erreiche.
Der Kläger hat gegen diese Entscheidung, welche ihm am 25.03.21004 zugestellt worden ist, am 16.04.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 24.05.2004 sein Rechtsmittel begründet.
Der Kläger macht geltend,
es sei nicht zutreffend, dass der Beklagte erst im Juni 2003 von der Inhaftierung des Klägers erfahren habe; vielmehr sei er durch den Kläger selbst während der strafgerichtlichen Hauptverhandlung im Februar und März 2002 über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert worden. Dass die Beklagte über die Verurteilung des Klägers zur Strafhaft bereits früh unterrichtet gewesen sei, ergebe sich auch aus dem Schreiben des Strafverteidigers des Klägers Rechtsanwalt X vom 13.05.2003 (Bl. 110 ff. d.A.), in welchem Rechtsanwalt X dem Kläger mitgeteilt habe, er habe die Unterstützung für eine Arbeitstätigkeit des Klägers als Freigänger durch den Beklagten. Im Übrigen sei der Beklagte an diese Unterstützungszusage gebunden. Derzeit sei ein Ende der Strafhaft des Klägers mit einiger Wahrscheinlichkeit zum 2/3-Zeitpunkt, d.h. nach vier Jahren, absehbar. Es sei nicht vorhersehbar, wann genau der Kläger in den offenen Vollzug wechsele oder ihm wenigstens der Freigang zum Zwecke der Arbeitsaufnahme als Lockerungsmaßnahme zugestanden werde. Mithin sei der Zeitpunkt einer möglichen Wiederaufnahme der Beschäftigung vor Ablauf der Haftzeit dem Kläger nicht bekannt, dieser Zeitpunkt entziehe sich auch weitgehend seiner Beeinflussung.
Bereits im Februar 2003 sei in der Firma bekannt geworden, dass – offensichtlich nach einer Änderung der Auftragslage – eine Stelle für einen LKW-Fahrer ausgeschrieben worden sei. Die Einstellung eines Fahrers im Monat Mai 2003 sei dann, unabhängig von dem Haftantrag des Klägers erfolgt. Da außer der bereits beabsichtigten Neueinstellung keine weitere erfolgt sei, sei auch keine Neueinstellung durch den Ausfall der Arbeitsleistung des Klägers verursacht worden.
Der Beklagte habe im Übrigen Überbrückungsmaßnahmen treffen müssen, um eine später...