Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Kündigung, außerordentliche. Außerordentliche Arbeitnehmerkündigung: Abmahnungserfordernis
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers wegen Vertragspflichtverletzungen des Arbeitgebers bedarf regelmäßig einer vorherigen Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer. Diese ist nur dann entbehrlich, wenn derart gravierende Vertrauensverstöße vorliegen, dass der Arbeitgeber nicht davon ausgehen durfte, der Arbeitnehmer werde diese Verstöße ohne die Konsequenz einer außerordentlichen Kündigung hinnehmen.
2. Die Anforderungen an eine Kündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund, sind nicht weniger streng, als für eine solche des Arbeitgebers.
Normenkette
BGB §§ 626, 628
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 13.07.2004; Aktenzeichen 3 Ca 599/04) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 13.07.2004 – 3 Ca 599/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt nach ausgesprochener eigener außerordentlicher Kündigung von der Beklagten Schadenersatz. Er war vom 01.07.1987 bis 04.03.2003 im Betrieb der Beklagten als Arbeitnehmer zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.038,64 EUR beschäftigt.
Die Beklagte hatte am 22.08.2002 gegenüber dem Kläger eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen, gegen die der Kläger Kündigungsschutzklage erhob. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 13.11.2002 wurde der Klage stattgegeben. Am gleichen Tage wurde in der kaufmännischen Abteilung der Beklagten, in der der Kläger und die Mitarbeiter K und T tätig waren, Kurzarbeit eingeführt.
Der Kläger kündigte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 04.03.2003 das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit der Begründung, nur er selbst leiste regulär Kurzarbeit mit verbundenen Gehaltseinbußen, während die Herren T und K ebenfalls zwar offiziell nur Kurzarbeit leisteten, jedoch tatsächlich anwesend und arbeitgeberseitig vollschichtig an Tagen eingesetzt werden, an denen sie eigentlich Kurzarbeit leisten müssten. Dies zeige, dass zielgerichtet der Kläger Nachteile aus der Anordnung von Kurzarbeit erfahren solle, die bei den vergleichbaren Mitarbeitern nicht oder keinesfalls in gleicher Höhe gegeben sein sollten.
Unterstützend auf diesen Sachvortrag hat der Kläger die Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe einer angemessenen Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an ihn 15.289,80 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gem. § 247 BGB liegenden Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, mit dem Kläger einvernehmlich Kurzarbeit vereinbart zu haben, dies auch mit den Mitarbeitern T und K. Diese hätten anders als der Kläger das Angebot schriftlich angenommen. Der Kläger habe auch ihr Angebot angenommen, weil er seit dem 13.11.2002 eine zeitlich geringere Arbeitsleistung erbracht habe. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben seien auch die Arbeitszeitverringerungen unterschiedlich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 13.07.2004 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Es hat im Wesentlichen ausgeführt, das Verhalten der Beklagten, Vertragswidrigkeit unterstellt, hätte den Kläger zur außerordentlichen Kündigung nur nach vorheriger vergeblicher Abmahnung berechtigt.
Gegen die dem Kläger am 28.07.2004 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 11.08.2004 eingelegte Berufung. Der Kläger hat seine Berufung mit am 28.10.2004 eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem bis zu diesem Tag die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden war.
Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil mit der Begründung an, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei nachhaltig gestört, daher sei eine Abmahnung nicht Erfolg versprechend gewesen. Die Beklagte habe, noch am Tag des Kammertermins Kurzarbeit angeordnet, die lediglich dazu gedient habe, den Kläger zur Eigenkündigung zu bewegen. Davon abgesehen hätten sowohl der Kläger als auch sein Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt H vor Ausspruch der Eigenkündigung versucht die Beklagte mündlich auf das Fehlverhalten hinzuweisen um so die Möglichkeit der Abfindung zu schaffen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des am 13.07.2004 verkündeten und am 28.07.2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgericht Trier – Az.: 3 Ca 599/04 – wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 15.289,80 zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB liegenden Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie erklärt weiter, eine vorherige Abmahnung des Klägers sei ihr nicht bekannt, sie sei auch nicht entbehrlich gewesen. Im Übrigen...