Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsanhörung. Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Steht im Zeitpunkt der Unterzeichnung eines Interessenausgleichs mit Namensliste noch nicht endgültig fest, ob einem in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer eine Kündigung erklärt wird, weil er noch in eine Transfergesellschaft wechseln kann, und ist im Interessenausgleich weiter festgehalten, dass die Rechte des Betriebsrates nach § 102 BetrVG unberührt bleiben, ist vor Ausspruch der dann erklärten Kündigung eine förmliche Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG zur Wirksamkeit der Kündigung erforderlich.
Normenkette
BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 15.05.2007; Aktenzeichen 3 Ca 172/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 15.05.2007 – 3 Ca 172/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer vom Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung. Über das Vermögen der Firma A. wurde am 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 29.01.2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers, der seit 04.02.1991 bei der Gemeinschuldnerin bei einem zuletzt erzielten Bruttoverdienst von 2.459,05 EUR beschäftigt war zum 30.04.2007. Der Kläger ist am 04.10.1952 geboren, er ist zu 40 % schwerbehindert.
Nachdem sich der Beklagte entschlossen hatte, den Betrieb fortzuführen, eine Fortführung aus betriebswirtschaftlichen Gründen jedoch in der bisherigen Form nicht möglich war, trat er mit dem Betriebsrat der Gemeinschuldnerin in Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen. Diese endeten mit einem am 22.01.2007 vereinbarten Interessenausgleich, wegen dessen Einzelheiten auf die in der Akte befindlichen Abschrift Bezug genommen wird und die bezüglich der wesentlichen Passagen auch im Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 15.05.2007 wiedergegeben sind. Im wesentlichen hat der Interessenausgleich zum Gegenstand, dass ein Abbau von mindestens 40 Arbeitsplätzen notwendig wird, sich Betriebsrat und Insolvenzverwalter auf die Errichtung einer Transfergesellschaft verständigt haben, dass alle Arbeitnehmer, die in einer Anlage namentlich genannt sind, bis zum 20.01.2007 das Angebot erhalten, zum 01.02.2007 das Arbeitsverhältnis mit der Gemeinschuldnerin zu beenden und durch Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses ab dem 01.02.2007 in die Transfergesellschaft zu wechseln. Arbeitnehmer, die weder das Angebot auf Wechsel in die Transfergesellschaft annehmen noch einen Aufhebungsvertrag abschließen, würden betriebsbedingt unter Einhaltung der jeweils maßgeblichen tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist gekündigt. Im Interessenausgleich ist als Anlage 1 die Liste der Arbeitnehmer aufgeführt, die das Angebot zum Wechsel erhalten bzw. denen bei Ablehnung des Angebots betriebsbedingt gekündigt werden soll. Weiter ist eine Liste sämtlicher Arbeitnehmer beigefügt. Weiter findet sich auf Seite 2 letzter Satz des Interessenausgleichs wörtlich:
”Die Rechte des Betriebsrates aus § 102 BetrVG bleiben unberührt”.
Eine wortgleiche Formulierung findet sich auch in dem am 22.01.2007 von beiden Betriebspartnern schriftlich unterzeichneten Sozialplan. Der Kläger wechselte nicht in die Transfergesellschaft. Mit Schreiben vom 26.01.2007 an den Betriebsratsvorsitzenden Molitor teilte der Beklagte mit, dass ein Teil der betroffenen Mitarbeiter nicht in die Transfergesellschaft gewechselt sei, es sei daher erforderlich, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Er begründete den Personalabbau und zwar unanhängig davon, ob das Unternehmen dauerhaft durch einen Erwerber fortgeführt werden könne oder nicht. In dem Schreiben führt er wörtlich aus:
”… Eine Alternative ist nicht ersichtlich. Die Alternative wäre die Stilllegung des gesamten Betriebes und somit die Kündigung aller Arbeitsverhältnis. Das Verfahren nach § 102 BetrVG ist im Rahmen der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen abgeschlossen. Der Betriebsrat hat keine Stellungnahme abgegeben. Wir wollen auf diesem Wege allerdings nochmals auf die Anhörung als solche dokumentieren.”
Nachfolgend beschreibt der Beklagte, welche Mitarbeiter nach dem derzeitigen Stand der Dinge nicht in die Transfergesellschaft wechseln, so dass ihnen gegenüber betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden sollen und bezeichnet hierin auch den Kläger. Weiter schreibt er am Ende:
”Es besteht die Möglichkeit, sich noch bis spätestens 31.01.2007 abschließend zu erklären.”
Der Kläger hat geltend gemacht, aufgrund des erteilten Zeugnisses könne er unter Berücksichtigung geringfügiger Einweisungszeiten von wenigen Stunden oder Tagen aufgrund seiner qualifizierten Ausbildung jederzeit jeden anderen technischen Arbeitsplatz der Firma A. ausfüllen und zwar im Werk und auch im Werk V. im XY-Bundesland. Er hat die dringenden betrieblichen Erfordernisse, die einer Weite...