Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer angestellten Jobcenterarbeitnehmerin gegen die Bundesagentur für Arbeit als Arbeitgeberin auf die richtige Stufenzuordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Einstellung setzt nach dem Wortlaut des Tarifvertrags die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses voraus. Der bloße Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der Bundesagentur für Arbeit ist auch nach dem tariflichen Regelungszusammenhang keine "Einstellung". 2. Eine Neufestsetztung der Entwicklungsstufen erfolgt immer nur bei einer Neu-Einstellung in der Bundesagentur für Arbeit und nicht aber bei einem internen Wechsel.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 21.09.2022; Aktenzeichen 10 Ca 93/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgericht Mainz vom 21. September 2022, Az. 10 Ca 93/22, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Stufenzuordnung der Klägerin.
Die 1982 geborene Klägerin war in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Juli 2022 bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit in Vollzeit beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Klägerin wurde ab 1. Januar 2021 die Tätigkeit einer Fachkraft Ordnungswidrigkeiten im Bereich SGB II im Jobcenter S-Stadt übertragen; sie wurde nach Tätigkeitsebene IV Entwicklungsstufe 2 TV-BA vergütet. Zum 1. Juli 2021 wechselte die Klägerin aufgrund einer Bewerbung vom Jobcenter S-Stadt zum Jobcenter B-Stadt-S-Stadt; sie nahm in B-Stadt die Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben im Bereich SGB II wahr. Die Beklagte änderte anlässlich des Wechsels weder die Eingruppierung noch die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 2.
Die Klägerin war bereits vom 1. August 2017 bis zum 30. Juli 2019 im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit in H-Stadt beschäftigt. Dort war sie dem Jobcenter H-Stadt zugewiesen und als Arbeitsvermittlerin tätig. Sie war eingruppiert in Tätigkeitsebene IV TV-BA und aufgrund ihrer vorherigen Berufserfahrung der Entwicklungsstufe 3 zugeordnet worden, ab 1. Juli 2018 stieg sie in Entwicklungsstufe 4 auf. Vom 1. August 2019 bis zum 31. Dezember 2020 war die Klägerin bei der Stadt S. angestellt, von dort wurde sie dem Jobcenter S-Stadt (einer gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II) zugewiesen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, sie ab 1. Juli 2021 der Entwicklungsstufe 4 zuzuordnen. Nach vergeblicher Geltendmachung erhob sie am 21. Januar 2022 beim Arbeitsgericht Mainz zunächst eine Feststellungsklage. Weil sie zum 31. Juli 2022 auf eigenen Wunsch bei der Beklagten ausgeschieden ist, beantragte sie erstinstanzlich zuletzt die Zahlung von Vergütungsdifferenzen für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis 31. Juli 2022 (13 Monate x € 429,91 brutto).
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie € 5.588,83 brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 21. September 2022 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin sei auch nach ihrem Wechsel zum Jobcenter B-Stadt-S-Stadt ab 1. Juli 2021 zutreffend in Entwicklungsstufe 2 verblieben. Der Wechsel sei keine "Einstellung" iSd. § 18 TV-BA, sondern eine Versetzung iSd. § 4 Abs. 1 Satz 4 TV-BA. Eine Verpflichtung zur Zuordnung in Entwicklungsstufe 4 ergebe sich auch nicht aus Erklärungen der Personalberaterin L. Auch wenn L. in einem Gespräch mit der Klägerin von einer Anrechnung der Vorzeiten ausgegangen sei und dies mit E-Mail vom 26. April 2021 bestätigt habe, habe sie den Rechtsirrtum bereits mit E-Mail vom 28. April 2021 korrigiert. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme bzw. bereits zum Zeitpunkt der Personalratsbeteiligung von der verbleibenden Einstufung Kenntnis gehabt. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 21. September 2022 Bezug genommen.
Gegen das am 14. November 2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 5. Dezember 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am Montag, dem 16. Januar 2023 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie macht geltend, die Beklagte sei verpflichtet, ihr ab 1. Juli 2021 das Gehalt nach Entwicklungsstufe 4 zu zahlen. Sie habe bei ihrem Wechsel über langjährige und einschlägige Berufserfahrung verfügt, weil sie bereits bei einem privaten Bildungsträger in der Arbeitsvermittlung beschäftigt gewesen sei. Deshalb habe man sie im Rah...