Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete betriebsbedingte Kündigung wegen Umsatzrückgangs bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zur Neuverteilung der Arbeit. Unbegründete außerordentliche Tat- und Verdachtskündigung wegen unberechtigter Internetnutzung bei unsubstantiierten Darlegungen zur Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten
Leitsatz (redaktionell)
1. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen.
2. Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist; die Arbeitgeberin muss insbesondere konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen und aufgrund ihrer unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können.
3. Ist nach dem gesamten Vorbringen der Arbeitgeberin nicht nachvollziehbar, woraus (bei summarischer Betrachtung) die Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers im Einzelnen bestanden hat und insbesondere wie viele Arbeitsstunden wofür in etwa pro Woche/Monat aufgewendet werden mussten und wie sich dies konkret durch eine Veränderung in der Zusammenarbeit mit einer anderen Firma prognostisch ab welchem Zeitpunkt geändert hat, kommt die Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung nicht hinreichend deutlich nach, die Auswirkungen ihrer unternehmerischen Vorgaben und ihrer Planung auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darzustellen und anzugeben, wie und von wem die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können, ohne dass eine überobligationsmäßige Belastung der insoweit in Anspruch genommenen Beschäftigten eintritt.
4. Ist der wegen Surfens "im Internet zu privaten Zwecken" außerordentlich gekündigte Arbeitnehmer lediglich noch zu einem Drittel der Arbeitszeit mit betrieblichen Tätigkeiten ausgelastet, hat die Arbeitgeberin darzulegen, wie gleichzeitig eine Vernachlässigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gegeben ist.
5. Auf der Grundlage einer nicht nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen gestützte Verdächtigung kommt eine Verdachtskündigung nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; KSchG §§ 1, 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, § 9 Abs. 1 S. 2; ZPO § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 13.06.2013; Aktenzeichen 2 Ca 270/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserlautern vom 13.06.2013, Az.: 2 Ca 270/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung, oder aufgrund einer fristlosen Tat- bzw. einer fristlosen Verdachtskündigung beendet worden ist, sowie darüber, ob der Kläger ggf. zur Rückzahlung von Arbeitsentgelt an die Beklagte verpflichtet ist.
Der 1957 geborene, verheiratete Kläger, der gegenüber einer Ehefrau und zwei Kindern unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 04.08.2005 als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.600,00 EUR brutto. Nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 04.08.2005, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 5, 6 d. A. Bezug genommen wird, gelten für das Arbeitsverhältnis die für das Elektrohandwerk jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen.
Mit Schreiben vom 11.02.2013 hat die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebswirtschaftlichen Gründen zum 30.04.2013 ordentlich gekündigt. Mit Schreiben vom 12.03.2013 hat die Beklagte darüber hinaus eine außerordentliche Kündigung wegen der Privatnutzung des Betriebs-PC durch den Kläger zu pornografischen Zwecken erklärt. Des Weiteren hat sie mit Schreiben vom 11.04.2013 nochmals das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben hat unter anderem folgenden Wortlaut:
"Der Sache nach liegt der dringende Verdacht vor, dass Sie in der Vergangenheit ausgiebig den Betriebs-PC genutzt hatten, um sexuellen Freuden nachzugehen. Zu den heruntergeladenen Dateien verweisen wir auf die Liste, die einen Teil der von Ihnen heruntergeladenen Pornos wiedergibt und die Ihnen mit Schreiben vom 22.03.2013 zur Verfügung gestellt wurd...