Verfahrensgang
AG Berlin-Wedding (Urteil vom 18.12.1984; Aktenzeichen 2 C 376/84) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. Dezember 1984 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 2 C 376/84 – zu Ziffer 2) und im Kostenpunkt, soweit die Klage nicht zurückgenommen ist, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.280,– DM nebst 4 % Zinsen von jeweils 285,– DM seit dem 4. August, 5. September, 4. Oktober, 4. November, 5. Dezember 1984, 5. Januar, 5. Februar und 5. März 1985 sowie weitere 285,– DM bis zum 3. April 1985 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben die Beklagte zu 23/25 und der Kläger zu 2/25 zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz werden der Beklagten 9/10 und dem Kläger 1/10 auferlegt; die Gerichtskosten der Berufungsinstanz hat die Beklagte mit Ausnahme von 7,50 DM, die dem Kläger auferlegt werden, zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die an sich statthafte Berufung ist, soweit die Klage nicht zurückgenommen worden ist, zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Das Rechtsmittel war auch bis auf die anteilig zurückgenommene Klage erfolgreich.
Die Beklagte ist verpflichtet, für den Zeitraum vom 1. August 1984 bis zum 31. März 1985 rückständigen Mietzins in Höhe von 2.280,– DM gemäß § 535 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 3 des schriftlichen Mietvertrages vom 1. November 1979 an den Kläger zu zahlen. Die Mietzinszahlungsverpflichtung beruht darauf, daß die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen vom 28. April 1984 und 11. Mai 1984 das Mietverhältnis nicht per 31. Mai 1984 beendet haben. Eine Beendigung des Mietvertrages ist erst zum 30. April 1985 eingetreten, was sich aus den nachfolgenden Erläuterungen ergibt.
1. Kündigung gemäß § 542 BGB
Die hierfür von der Beklagten angegebenen Kündigungsgründe konnten keine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses herbeiführen, da es an der nach § 542 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Abmahnung mit Fristsetzung fehlte. Sie hat auch nicht die Voraussetzungen von § 542 Abs. 1 Satz 3 BGB dargetan, wonach die Erfüllung des Vertrages infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für sie kein Interesse mehr hatte. Selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, daß in dem jahrelangen Vorhandensein des Baugerüstes eine nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung der von ihr angemieteten Wohnung liegt, bedurfte es dennoch der Abmahnung mit angemessener Fristsetzung. Die vorbehaltlose, sich über mehrere Jahre erstreckende Zahlung des Mietzinses trotz des aufgestellten Baugerüstes ist als Entgegennahme der mangelbehafteten Sachen in Kenntnis des Mangels (§ 539 BGB) anzusehen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist eine Kündigung gemäß § 543 Satz 1 BGB verwirkt und damit unzulässig.
2. Kündigung gemäß § 544 BGB
Auch die hierzu vorgetragenen Kündigungsgründe in bezug auf das Baugerüst konnten nicht zur fristlosen Beendigung des Vertrages führen. § 544 BGB kann nur dann Anwendung finden, wenn die Benutzung der Wohnung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Allein die Tatsache, daß das aufgestellte Baugerüst die Lichtzufuhr für die von der Beklagten gemietete Wohnung eingeschränkt hat, läßt noch nicht den zwingenden Schluß zu, daß hierdurch eine erhebliche Gefährdung ihrer Gesundheit eingetreten ist oder diese auch nur hervorgerufen werden könnte. Um eine derartige Kündigungsmöglichkeit zu begründen, hätte es weiteren, detaillierten Vortrages bedurft, aufgrund dessen das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Gesundheitsgefährdung hätte überprüft werden können. Da dies nicht gesehen ist, fällt dieser Kündigungstatbestand ebenfalls aus.
3. Kündigung gemäß § 554 a BGB
Der Beklagten steht auch kein Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 554 a BGB zu, weil nicht festgestellt werden kann, daß der Kläger schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig gestört hat, daß der Beklagten die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte. Die von ihr dargestellten Tatsachen, so unter anderem, daß die Ehefrau des Klägers mit ihrem Kind bei ihr Schutz gesucht hat, beruhen auf längere Zeit zurückliegenden einmaligen Vorfällen und sind nicht geeignet, zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung ein Kündigungsrecht zu begründen. Sie hat nicht dargelegt, inwieweit sich die Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau auf den Hausfrieden ausgewirkt haben, insbesondere fehlte die genaue Darstellung der Art, des Ausmaßes und der Häufigkeit der Streitigkeiten. Ein wichtiger Grund für die Kündigung besteht auch nicht in der fehlenden Aufklärung über den Zustand und den Verbleib des Baugerüstes. Die Beklagte kannte den Zustand des Gerüstes und hat ihn mehr als drei Jahre rügelos geduldet. Es liegt mithin kein plötzliches Ereignis vor, welches sich so negativ auf das Vertrauensverhältnis der Part...