Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung durch neuen Eigentümer vor Grundbucheintragung
Orientierungssatz
1. Bei einer Mietwohnung tritt der Erwerber erst nach Auflassung und Eintragung in das Grundbuch an die Stelle des bisherigen Vermieters.
2. Auch eine Kündigung mit Einwilligung des Voreigentümers des Erwerbers ist unwirksam; BGB § 185 Abs 1 findet auf die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses keine Anwendung.
Tatbestand
Die Kläger begehren Räumung einer im Hause S.-Straße 19 belegenen Wohnung, die der Beklagte vom Voreigentümer als dem Rechtsvorgänger der Kläger durch Vertrag vom 31. Oktober 1974 für monatlich DM 220,-- zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von DM 30,-- gemietet hat.
Beim Ankauf des Grundstücks vereinbarten die Kläger mit dem Voreigentümer den 1. Juni 1976 als Verrechnungstag. Sie selbst wurden am 22. November 1976 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Der Verwalter der Kläger teilte den Mietern des Hauses den Eigentumswechsel in zwei Rundschreiben vom 5. April und 20. Mai 1976 mit, deren Zugang beim Beklagten zwischen den Parteien streitig ist. Ein erstes persönlich an den Beklagten gerichtetes und unstreitig zugegangenes Schreiben des Hausverwalters datiert vom 28. Juni 1976.
Im Juni 1976 und in den folgenden Monaten zahlte der Kläger - wie schon in den Vormonaten - unter Hinweis auf eine mit Schreiben vom 26. Dezember 1975 erklärte und mit Rückzahlungsansprüchen wegen zuvor preiswidrig verlangten Mietzinses begründete Aufrechnung keinen Mietzins.
Daraufhin kündigten die Kläger das Mietverhältnis durch Schreiben vom 22. Oktober 1976 fristlos wegen Zahlungsverzugs, verbunden mit der Aufforderung zur Räumung bis zum 1. November 1976. Mit Schreiben vom 2. November 1976 widersprachen sie einer Fortsetzung des Mietverhältnisses.
Das Amtsgericht Hamburg hat der Klage durch Urteil vom 6. Mai 1977 stattgegeben. Die Kündigung sei gemäß § 554 BGB wirksam, da der Beklagte gemäß den §§ 574, 575 BGB wegen seiner auf Grund des Schreibens vom 28. Juni 1976 erlangten Kenntnis vom Eigentümerwechsel allenfalls bis einschließlich Juli, nicht jedoch für die folgenden Monate zur Aufrechnung gegenüber dem Mietzinsanspruch berechtigt gewesen sei.
Gegen das am 18. Mai 1977 zugestellte Urteil des Amtsgerichts wendet sich der Beklagte mit der bei Gericht am 25. Mai 1977 eingegangenen und zum 23. Juni 1977 begründeten Berufung.
Er beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Hamburg - Az: 43a C 88/77 - vom 6. Mai 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, daß er seinerzeit nichts von einem Eigentumsübergang auf die Kläger erfahren habe. Wegen deren erst nach der Kündigung erfolgten Grundbucheintragung habe er sich bis zu diesem Zeitpunkt diesen gegenüber ohnehin nicht in Verzug befunden.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor, daß der Beklagte mehrere Monate vor der Kündigung nicht nur Kenntnis gehabt habe, sondern auch damit einverstanden gewesen sei, daß die Miete nach dem Verrechnungstag an sie - die Kläger - zu zahlen sei.
Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Sch. als Verwalter der Kläger. Hinsichtlich des Inhalts der Beweisaufnahme sowie der weiteren Einzelheiten des Sachstandes und Streitstandes wird auf die Protokolle, Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogene Grundakte B. Band 178 Blatt 6912 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig.
Sie ist auch begründet.
Die Kläger können weder aus § 556 Abs 1 BGB noch aus den §§ 985, 812 Abs 1 Satz 2 BGB Räumung der von dem Beklagten bewohnten Wohnung verlangen; denn der Mietvertrag vom 31. Oktober 1974 ist durch die Kündigung vom 22. Oktober 1976 nicht wirksam beendet worden.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte überhaupt Gegenansprüche im Wege der Aufrechnung geltend machen konnte. Vielmehr waren die Kläger schon deshalb nicht zur Kündigung berechtigt, weil sie erst zum 22. November 1976 Partei des Mietvertrages geworden sind. Gemäß den §§ 571 Abs 1, 580 BGB tritt nämlich nach Überlassung einer Wohnung an einen Mieter der Erwerber erst mit der Eigentumsübertragung im Sinne der §§ 873, 925 BGB, also nach Auflassung und Eintragung in das Grundbuch an die Stelle des bisherigen Vermieters in einen Mietvertrag ein (vgl Palandt-Putzo, BGB, 36. Aufl, § 571 Anm 2a).
Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, daß sie durch eine entsprechende Parteivereinbarung vor dem 22. November 1976 die Rechtsstellung eines Vermieters erlangt hätten. Zwar enthält § 571 BGB nicht zwingendes Recht, jedoch sind die Kläger dafür beweisfällig geblieben, daß dem Beklagten ein solches Angebot auf vorzeitige Vertragsübernahme - wie es möglicherweise in dem Rundschreiben vom 20. Mai 1976 zu sehen ist - nicht nur zugegangen, sondern von diesem auch angenommen worden ist. Aus der Aussage des Zeugen Sch. ergibt sich nur, daß der Beklagte Anfang Juli 1976 Kenntnis von dem Grundstücksverkauf an die Kläger erlangt hat, nicht aber, daß er einem vorzeitigen Vertragseintritt der Kläg...