Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage des Kündigungsrecht eines Wohnungseigentümers, der die unvermietete Wohnung preisgünstiger veräußern will
Orientierungssatz
Dem Erwerber/Vermieter einer in vermietetem Zustand gekauften Eigentumswohnung kann kein berechtigtes Interesse an einer Kündigung des Mietverhältnisses im Sinne von BGB § 564b Abs 2 zugebilligt werden, wenn er sich darauf beruft, bei der beabsichtigten Weiterveräußerung der unvermieteten Wohnung könne ein entsprechender Preisvorteil erzielt werden, bzw die vermietete Wohnung könne zu einem angemessenen Preis überhaupt nicht weiterveräußert werden (vergleiche LG München I, 1984-05-23, 14 S 4512/84, WuM 1984, 247).
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Beklagte mietete die von ihm innegehaltene Wohnung ab 1.7.1977. Die Klägerin erwarb die Wohnung im Jahre 1980 mit der Absicht, auch die Nachbarwohnung zu erwerben und sodann beide Wohnungen zusammenzulegen. Diese Vorstellung ließ sich jedoch nicht realisieren. Die Klägerin muß nun eine größere Wohnung erwerben und benötigt hierfür das in der Wohnung des Beklagten gebundene Kapital. Sie hat den Mietvertrag zum 30.6.1985 gekündigt. Die Veräußerung der Wohnung sei mit dem bestehenden Mietverhältnis nicht zu einem angemessenen Kaufpreis möglich, da der Kaufpreis um 30% niedriger liege. Als Kapitalanlage komme die in Frage stehende Wohnung wegen des geringen Mietzinses nicht in Frage.
Entscheidungsgründe
Das AG hat ein berechtigtes Interesse gem. § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB anerkannt, nämlich die Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung im Falle der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Dem kann sich die Kammer nicht anschließen.
Zwar ist davon auszugehen, daß die Klägerin einen höheren Kaufpreis erzielen könnte, wenn die Wohnung unvermietet wäre. Dennoch stellt es keine angemessene wirtschaftliche Verwertung dar, wenn, wie hier, der Käufer einer vermieteten Eigentumswohnung dem Mieter kündigt, um die Wohnung als unvermietete Eigentumswohnung mit entsprechendem Preisvorteil weiter veräußern zu können. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin die Wohnung im Jahre 1980 als vermietet erworben hatte, was damals im Kaufpreis ebenso seinen Niederschlag gefunden hatte, wie es jetzt die Klägerin bei einem weiteren Verkauf behauptet.
Auch die Klägerin konnte damals die Wohnung nicht sogleich selbst nutzen, was sie jetzt als Nachteil für einen etwaigen Kaufinteressenten geltend macht. Durch den Kauf dieser vermieteten Eigentumswohnung hat sich die Klägerin den Risiken des Immobilienmarktes und Wohnungsmarktes ausgesetzt. Es stellt keine angemessene Verwertung dar, wenn sie nun das volle wirtschaftliche Risiko dieses Immobilienkaufes auf den Beklagten abwälzen will (vgl. LG München I WM 1984, 247). Es widerspräche dem Schutzgedanken des § 564b BGB, wenn der Käufer einer vermieteten Eigentumswohnung sich unter Hinweis auf die Zinslast auf § 564b BGB beruft und dann die auf diese Art freigemachte Wohnung mit einem entsprechenden Preisaufschlag als unvermietete Eigentumswohnung weiter veräußert.
Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn die Wohnung tatsächlich, wie es die Klägerin behauptet, wegen einschneidender Änderungen auf dem Immobilienmarkt zu einem angemessenen Preis vermietet überhaupt nicht zu veräußern wäre. Auch hier ist darauf hinzuweisen, daß die Risiken des Immobilienmarktes der Wohnungseigentümer zu tragen hat und nicht auf den Mieter abwälzen kann.
Diesen Ausführungen steht die Entscheidung der Kammer v. 2.4.1985 (3 S 280/84) nicht entgegen. Dort handelte es sich nicht um den beabsichtigten Verkauf einer wenige Jahre zuvor erworbenen vermieteten Eigentumswohnung.
Fundstellen