Zusammenfassung
Mit Urteil vom 7.2.2023, Az. 3 O 12581/21 hat das LG München I eine sog. Klimaklage gegen BMW als unbegründet abgewiesen. Die Kläger, Geschäftsführer:innen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) haben bereits angekündigt, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Die Klimaklage gegen BMW ist ein prominentes Beispiel für die stark ansteigende Zahl von Klimawandelstreitigkeiten, die sich zunehmend auch gegen Unternehmen richten (vgl. dazu im Einzelnen Walden/Frischholz, "Climate Change Litigation: Beitrag zu globaler Gerechtigkeit oder Abkehr von (zivil)rechtlichen Grundprinzipien?", ZIP 2022, 2473 ff.). Neben der Klimaklage gegen BMW sind vergleichbare Klimaklagen auch gegen Mercedes-Benz, Wintershall DEA (jeweils seitens DUH) sowie Volkswagen (seitens Greenpeace) anhängig. Das LG Stuttgart hatte die gegen Mercedes-Benz gerichtete Klage bereits im vergangenen Jahr abgewiesen; auch insoweit ist eine Berufung anhängig.
Worum geht es im Verfahren gegen BMW?
Die Kläger machen gegenüber BMW einen sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB geltend. Durch das Inverkehrbringen von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren seitens BMW würden erhebliche Teile des CO2-Budgets aufgezehrt, politische Handlungsspielräume verengt und in Zukunft radikale Maßnahmen zur CO2-Reduktion notwendig, die die Kläger in ihrem – intertemporalen – Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen würden. Die Kläger beantragten daher zum einen, dass BMW es zu unterlassen habe, nach dem 31.10.2030 neue Pkw mit Verbrennungsmotor in den Verkehr zu bringen, es sei denn, BMW stelle sicher, dass deren Produktion und Nutzung keinen Anstieg von Treibhausgase in der Atmosphäre verursache. Zum anderen beantragten sie, dass BMW es zu unterlassen habe, zwischen dem 1.1.2022 und dem 31.10.2030 neue Pkw mit Verbrennungsmotor zu vertreiben, die bei ihrer Nutzung ein bestimmtes CO2-Budget überschreiten würden. BMW beantragte Klageabweisung.
Wie hat das LG München I die Klageabweisung begründet?
Das LG München I hat die Klage für zulässig, aber unbegründet erachtet.
Im Rahmen der Zulässigkeit bejaht das LG München I seine Zuständigkeit, die von BMW in Zweifel gezogene hinreichende Bestimmtheit der Klageanträge, die Prozessführungsbefugnis sowie das Rechtsschutzbedürfnis der Kläger (vgl. im Einzelnen Ziff. I. der Entscheidungsgründe, S. 15 ff. des Urteils).
Im Rahmen der Begründetheit führt das LG München I detailliert aus, warum den Klägern der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls derzeit nicht zusteht (vgl. im Einzelnen Ziff. II der Entscheidungsgründe, S. 17 ff. des Urteils). Die wesentlichen Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Zunächst führt das LG München I aus, dass das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist und im Wege des quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs auch präventiv gegen drohende Verletzungen schützt. Die Reichweite des Persönlichkeitsrechts und die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs müssen jedoch in jedem Einzelfall unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände (insb. Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung der jeweils betroffenen Grundrechte) festgestellt werden. Aufgrund der vom BVerfG näher erläuterten intertemporalen Schutzdimension der Grundrechte ist schon dann von einer gegenwärtigen und unmittelbaren Betroffenheit auszugehen, wenn Grundrechtseingriffe im jetzigen Recht bereits unumkehrbar angelegt sind.
- Sodann legt das LG München I dar, dass ein Eingriff in den Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger nicht von vornherein ausgeschlossen ist – sofern man den klägerischen Vortrag zur Intensität der Beeinträchtigung und dessen Beweisbarkeit unterstellt. Würden die Möglichkeiten der Kommunikation und Mobilität wie von den Klägern dargestellt künftig tatsächlich derart stark beschnitten, dass zwischenmenschliche Kommunikation oder Begegnungen unzumutbar erschwert oder unmöglich würden, wäre ein Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger möglich. Die dargestellten Beeinträchtigungen würden, sollten sie tatsächlich hinreichend konkret belegbar sein, Beeinträchtigungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Sozialsphäre darstellen. Derartige Beeinträchtigung in der Sozialsphäre wiegen regelmäßig weniger schwer als Beeinträchtigungen der Intim- oder Privatsphäre.
- Es droht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt kein rechtswidriger Eingriff in den Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger. Die Rechtswidrigkeit wird durch einen möglichen Eingriff nicht indiziert, sondern muss im Wege einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung positiv festgestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht um einen für das Zivilrecht typischen bilateralen Konflikt handelt und in Richtung Klimaneutralität verschiedene Strategien denkbar sind. Der Gesetzgeber kommt seinen verfassungsmäßigen Schutzpflichten unter Zugrundelegung der aktuellen Fe...