Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Tänzerin/Tanzlehrerin. Kathak-Tanz. Bollywood-Tanz. Künstlerin
Leitsatz (amtlich)
Eine Tänzerin/Tanzlehrerin für Bollywood-Tanz und Kathak-Tanz kann im Einzelfall Künstlerin im Sinne des § 2 S 1 KSVG sein.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Künstlersozialversicherung (KSV). Die 1982 geborene Klägerin arbeitet als Tänzerin für klassische indische Tänze sowie für Bollywood-Dance und weitere Tanzarten.
Sie nahm seit 1994 Tanzunterricht, ab 1996 auch in orientalischem Tanz. Ab 1998 studierte sie den klassischen indischen Kathak-Tanz. Im Jahr 2005 schloss sie erfolgreich eine Seniorprüfung der Ausbildung in der Master class an der Pn Universität in C/Indien ab. Parallel dazu wurde sie in Bollywood-Dance ausgebildet.
Sie gründete 2004 das Ensemble “P„ sowie 2006 die “D„, welche sich der Fusion von klassischem Kathak-Tanz und modernem indischem Tanz - Bollywood-Dance - widmet.
Seit 2005 unterrichtet sie Bollywood-Dance. Daneben ist sie als Dozentin für Workshops im Bereich Orientalischen Tanz und Bollywood-Dance tätig. Seit 2006 ist sie ferner in einem Ensemble für Taiko (japanische Trommeln) auch als Musikerin tätig.
Bei den aufgeführten Tanzstücken handelt es sich um eigene Choreografien, in denen die Klägerin unter Grundlage des indischen Tanzes durch Umgestaltungen Verbindungen zum klassischen europäischen Tanz herstellt.
Der heutige Kathak-Tanz entstammt aus der Fusion von hinduistischer und muslemischer Kultur in Indien.
Bei “Taiko„ handelte es sich um eine japanische Percussiontechnik. Bei ihren Auftritten als Taiko-Künstlerin ist die Klägerin sowohl als Percussionistin als auch als Tänzerin tätig.
Unter Einreichung des entsprechenden Fragebogens beantragte die Klägerin am 2. Oktober 2007 bei der Beklagten die Aufnahme in die Künstlersozialkasse ab 1. Oktober 2007. Sie gab an, Tänzerin zu sein. Sie reichte hierzu diverse Unterlagen über ihren Werdegang, laufende und geplante Objekte, Vertragskopien von Engagements sowie Abrechnungen ein.
Die Beklagte beschied die Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 2008, sie unterliege nicht der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Sie sei nicht Künstlerin im Sinne des § 1 KSVG, da ihre ausgeübte Tätigkeit als Tänzerin keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Gesetzes sei. Vielmehr trete sie im Rahmen von Banketten und Tanzshow-Veranstaltungen etc. auf. Notwendig sei hingegen die Aufführung von Tänzen im klassischen Werkbereich der darstellenden Kunst, d. h. im Ballett, dem modernen Tanztheater, der Oper oder dem Varieté.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Dass tänzerische Tätigkeit nur dann Kunst sei, wenn sie auf einer klassischen Bühne dargeboten werde, sei unrichtig. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Tänze vor einem Publikum aufgeführt würden.
Sie wies auf diverse Tanzprojekte hin, bei welchen sie eigene Choreografien aufführe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2008 zurück. Zur Begründung führte sie (nunmehr) aus, die Lehrtätigkeit der Klägerin im Bereich indischer klassischer Tanz sei nicht als Lehre von darstellender Kunst einzustufen, sondern als Vermittlung praktischer Fähigkeiten im Bereich des Breiten- bzw. Freizeitsports. Die allgemeine Verkehrsauffassung, nach der es sich richte, ob eigene schöpferische Darstellungen im Bereich des Sports oder dem der Kunst zuzuordnen seien, spräche hier für Sport. Von sportlicher Betätigung sei nämlich auszugehen, wenn für eine Aktivität ein Regelwerk existiere, das von einem entsprechenden Verband erlassen worden sei. Die von der Klägerin unterrichtete Tanzform zähle zu dem vom Deutschen Tanzsportverband e. V. (DTV) angebotenen Breitensportprogramm. Zum Bereich des Tanzsportes zählten u. a. Kindertanzshows, Jazztanz, Tango argentino, Hiphop, Salsa, Breakdance, historische Tanzvorführungen, Merengue, Flamenco, Stepptanzen, orientalische Tänze, Streetdance sowie Linedance (Bezugnahme auf BSG-Urteil vom 7. Dezember 2006 - B 3 KR 11/06 R -). Die von der Klägerin unterrichtete Tanzform werde in Sportverbänden organisiert und wettkampfmäßig ausgeführt. Auf den Umfang der Kreativität und des Gestaltungsspielraumes komme es nicht an, ebenso wenig, ob bestimmte Schrittfolgen vorgeschrieben seien oder die “freie Improvisation des Tanzpaares„ im Vordergrund stehe. Die Beklagte hat ferner auf das Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 15. Mai 20072007 (L 11 KR 523/07) verwiesen, wonach auch Tänze im Bereich der Folklore nicht als künstlerische Tänze einzustufen seien.
Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhoben. Sie hat Unterlagen eingereicht, aus denen sich Auftritte der Klägerin auf klassischen Bühnen ergeben.
Zur Begründung hat sie ergänzend a...