Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung eines Beitragserstattungsbescheides nach dem Tod des Versicherten. Bekanntgabe. Wirksamkeit. Verzinsung nach § 44 SGB 1. unvollständiger Antrag. Rechtsnachfolge
Orientierungssatz
1. Zur Bekanntgabe und Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der die Beitragserstattung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6 regelt und nach dem Tod des Versicherten zugestellt wird.
2. Ein Antrag auf Beitragserstattung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6, der iS des § 44 Abs 2 SGB 1 vollständig war, wird nicht durch das Versterben des Versicherten unvollständig. Dessen Tod führt ggf zwar zur Notwendigkeit, eine weitere Sachfrage zu klären, die zuvor unproblematisch gewesen war, nämlich die Frage der Anspruchsinhaberschaft nunmehr unter Beachtung der Rechtsnachfolge. Eine dogmatische Begründung, warum dies zugleich zu einer Unvollständigkeit des Antrags führen soll, ist nicht ersichtlich.
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 23.04.2015; Aktenzeichen B 5 R 16/14 R) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2013 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Betrag von 42.043,83 EUR vom 01. Februar 2001 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 4 v.H. zu verzinsen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine 2007 erfolgte Beitragserstattung in Höhe von 42.043,83 EUR vom 01. Februar 2001 bis zum 31. Juli 2007 zu verzinsen ist.
Die Klägerin war die Lebensgefährtin des 1999 kinderlos verstorbenen P W (im Folgenden: Versicherter). Er war Statusdeutscher und lebte und arbeitete bis zum Jahre 1997 in der Bundesrepublik Deutschland. Damals trennte sich der an Krebs erkrankte Versicherte von seiner (im Oktober 2005 verstorbenen) deutschen Ehefrau und ließ sich in Ungarn nieder. Er lebte jedenfalls in der Zeit unmittelbar vor seinem Tode mit der Klägerin unter einer gemeinsamen Anschrift in T zusammen (Angaben zum Teil aus dem Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg in der Erbscheinangelegenheit der Witwe vom 24. September 2001).
Am 27. Januar 1999 beantragte der Versicherte, der zwischenzeitlich noch freiwillige Beiträge entrichtet hatte (letzte Beitragsleistung im Juli 1997) und der mit Wirkung vom 11. September 1998 die ungarische Staatsangehörigkeit angenommen hatte, die Erstattung der Arbeitnehmeranteile der zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge. In der entsprechenden Formblattrubrik der Antragsunterlagen gab er für die Zahlung ein Konto bei der Kreissparkasse O S G (KSK O) an. Das Erstattungsverfahren verzögerte sich, da eine gerichtliche Anfrage zur Durchführung eines Versorgungsausgleichs anlässlich eines später durch Antragsrücknahme beendeten Scheidungsverfahrens vorlag und da der Nachweis der Aufgabe der Rechtsstellung als deutscher Staatsbürger zunächst nicht erbracht wurde. In Unkenntnis des Todes des Versicherten entschied die Beklagte mit Bescheid vom 13. Januar 2000, Beiträge für die Zeit ab April 1962 in Höhe von 82.230,59 DM zu erstatten und überwies den Betrag auf das angegebene Konto bei der KSK O. Der Bescheid wurde von der Deutschen Botschaft in Budapest mit Einschreiben/Rückschein an die Adresse des Versicherten versandt und gelangte dort am 08. Februar 2000 an einen Empfänger. Dazu wurde der Beklagten später auf Rückfrage von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Budapest mitgeteilt “.. der Bescheid wurde von der ungarischen Post nachweislich von Frau J O (Klägerin) am 08.02.2000 in Empfang genommen (sie soll über eine entsprechende Vollmacht verfügt haben); Frau O - die Lebensgefährtin von Herrn W - bezeichnet sich zusätzlich auf dem Einschreibeschein als “Ehefrau„…„.
Durch einen im Februar 2000 gestellten Hinterbliebenenrentenantrag der Witwe des Versicherten, die später auf Anregung der Beklagten den Erstattungsantrag des Versicherten zurücknahm, erfuhr die Beklagte von dessen Tod am 31. Dezember 1999. Am 28. Februar 2000 setzte die Beklagte über die Deutsche Post AG die Rückforderung der Erstattungsbeträge ins Werk; der Betrag von 82.230,59 DM wurde von der KSK O mit Wertstellung bei der Beklagten am 29. März 2000 zurück überwiesen.
Am 17. März 2000 meldete sich die Klägerin über ihre Bevollmächtigte bei der Beklagten. Sie sei alleinige testamentarische Erbin an dem Kontoguthaben des verstorbenen Versicherten bei der KSK O und beanspruche die Beitragserstattung. Dazu legte sie die Ablichtung eines handschriftlichen und unterschriebenen Testaments des Versicherten vom 26. November 1999 folgenden Inhalts vor:
Testament:
Ich, P W, geb. 1947 in S G, vermache nach meinem Tod mein Kontoguthaben, Kontonummer .. bei der Kreissparkasse O S G an J O, geb.1964 in T. Sie hat hiermit das alleinige Verfügungsrecht. Ich habe das Testament aus freiem Willen und bei klarem Verstand geschrieben -
(folgt Unterschrift)
Nachdem die Klägerin einen rechtsmittelfähigen Bescheid über ihr ...