Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der aus der Staatskasse bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe festzusetzenden Rechtsanwaltsgebühren
Orientierungssatz
1. Bei einer überdurchschnittlich bedeutenden Angelegenheit für den Kläger, einem weit überdurchschnittlichen Umfang und einer durchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie weit unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers beträgt die im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrensgebühr 190.- €.
2. Im Hinblick auf die genannten Kriterien ist bei einer errechneten Terminsdauer von 9 Minuten die Terminsgebühr mit 220.- €. anzusetzen.
3. Dementsprechend ist die Einigungsgebühr mit 220.- €. festzusetzen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.10.2011 geändert. Die aus der Staatskasse im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 0,00 Euro festgesetzt. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der im Rahmen von Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG).
Der Kläger des ursprünglichen Klageverfahrens S 10 AS 768/10 bezog von der ARGE I Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Klage vom 07.04.2010 hat er begehrt, den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2010 zu ändern und ihm für den Zeitraum Juli bis September 2008 höhere Leistungen zu zahlen. Die mit der Klage beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen mit Beschluss vom 14.05.2010 bewilligt. Das Verfahren, das mit Beschluss vom 01.06.2010 zunächst zum Ruhen gebracht worden war, ist in einem Termin zur Erörterung anderer Verfahren des ursprünglichen Klägers und seiner Ehefrau am 13.12.2010 wieder aufgenommen und dort mit den anderen Verfahren durch einen Gesamtvergleich erledigt worden. Zu den Kosten haben sich die Beteiligten dahingehend geeinigt, dass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten des jeweiligen Klägers in den vom Gesamtvergleich umschlossenen Verfahren auf der Grundlage der Höchstgebühr zu 50% zu tragen habe, dass jedoch lediglich im Verfahren S 10 AS 745/10 eine Einigungsgebühr anfalle.
Am 16.12.2010 hat der Bevollmächtigte des ursprünglichen Klägers folgende Vergütungsfestsetzung beantragt:
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Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV RVG |
320,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG ^ |
380,00 Euro |
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG |
350,00 Euro |
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG |
20,00 Euro |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
203,30 Euro |
Zwischenbetrag |
1.273,00 Euro |
abzgl. Kosten Beklagter |
428,40 Euro |
Gesamtsumme |
844,90 Euro |
Verfahrens- und Terminsgebühr sowie Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer seien zur Hälfte mit dem Beklagten abzurechnen. Die Einigungsgebühr hingegen, für die der Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht erstattungspflichtig sei, sei mit anteiliger Mehrwertsteuer in voller Höhe von der Staatskasse zu tragen. Lediglich gegenüber dem Beklagten, nicht aber gegenüber der Staatskasse sei auf die Einigungsgebühr in diesem Verfahren verzichtet worden.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung mit Beschluss vom 12.01.2011 auf 101,15 Euro festgesetzt. Die Verfahrensgebühr sei mit 100 Euro, die Terminsgebühr mit 50 Euro anzusetzen, da aufgrund der Parallelverfahren Synergieeffekte entstanden seien. Die Einigungsgebühr sei durch den Vergleich im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Entsprechend ergebe sich unter Berücksichtigung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und der Umsatzsteuer ein Zwischenbetrag von 202,30 Euro.
Auf die Erinnerung sowohl des Klägerbevollmächtigten als auch des Bezirksrevisors - der eine Festsetzung auf 0,00 Euro beantragt hat - hat das SG die im Rahmen der PKH festzusetzende Vergütung mit Beschluss vom 06.10.2011 auf 428,39 Euro festgesetzt, dabei die Verfahrensgebühr mit 213,33 Euro, die Terminsgebühr mit 253,33 Euro, eine Einigungsgebühr mit 233,33 Euro, die Postpauschale mit 20 Euro und die Umsatzsteuer mit 136,80 Euro. Von der sich hieraus errechnenden Zwischensumme von 856,79 Euro müssten die vom Beklagten zu tragenden Kosten in Höhe von 428,40 Euro abgezogen werden. Bezüglich der Verfahrensgebühr seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ebenso wie der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit und die rechtliche Schwierigkeit als überdurchschnittlich sowie das Haftungsrisiko des Anwalts als durchschnittlich einzustufen. Vor dem Hintergrund insbesondere der erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten sei es in diesem Einzelfall angemessen, die Synergieeffekte aus den Parallelverfahren mit einem Abzug in Höhe eines Drittels der...