Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes bei durch Altersteilzeit vermindertem Entgelt
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht grob unbillig i.S.d. § 87 SGB VII, dass die Verletztenrente auch dann nach dem letzten Jahresarbeitsverdienst berechnet wird, wenn dieser infolge einer Altersteilzeitvereinbarung vermindert war.
Normenkette
SGB VII § 87 Abs. 1, § 82 Abs. 1; SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen S 1 U 272/01) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12.9.2002 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die dem Kläger gewährte Rente nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV) zu berechnen ist.
Der 1944 geborene Kläger war als Drehermeister in der Zerspanungswerkstatt der Firma B. AG tätig. Seit dem 1.7.1999 wurde er im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses nach dem sogenannten Blockmodell beschäftigt. Dieses Altersteilzeitmodell (Altersteilzeitarbeitmodell II nach § 6 Nr. 4 des Tarifvertrags zur Förderung der Altersteilzeit für die chemische Industrie) sieht vor, dass die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (1.7.1999 bis 31.12.2001) geleistet und der Kläger in der zweiten Hälfte (1.1.2002 bis 30.6.2004) freigestellt wird. Neben dem Arbeitsentgelt erhielt der Kläger eine Aufstockungszahlung. Nach der Rückkehr von einer stationären Heilbehandlungsmaßnahme wegen einer Hauterkrankung im Mai 2000 wurde der Kläger ausschließlich im Büro eingesetzt. Durch Bescheid vom 6.4.2001 erkannte die Beklagte die Hauterkrankung des Klägers als Berufskrankheit an. Als maßgebenden Zeitpunkt für die Berechnung des JAV legte sie den 26.5.2000 zu Grunde. Sie errechnete einen JAV in Höhe von 74.980,16 DM. Dabei berücksichtigte sie das dem Kläger im Zeitraum vom 1.5.1999 bis zum 30.4.2000 gezahlte Entgelt ohne die Aufstockungszahlung.
Durch Widerspruchsbescheid vom 7.8.2001 änderte sie den Bescheid vom 6.4.2001 dahingehend ab, dass sie den JAV auf 75.822,29 DM festsetzte. Zur Begründung führte sie aus, nach § 82 Sozialgesetzbuch – Siebtes Buch – (SGB VII) sei ein JAV in Höhe von 56.153,09 DM zu berechnen. Der Kläger habe im maßgebenden Zeitraum im Rahmen des tariflichen Altersteilzeitmodells lediglich 50 % seines regulären Arbeitsentgeltes erhalten. Bei dem zusätzlichen Aufstockungsbetrag handele es sich um eine steuerfreie Einnahme und somit nicht um Arbeitsentgelt. Der nach § 82 SGB VII zu errechnende JAV sei aber in erheblichem Maße unbillig, so dass nach § 87 SGB VII nach billigem Ermessen ein höherer JAV festgesetzt werde. Der in dem maßgebenden Zeitraum gezahlte Aufstockungsbetrag (13.112,80 DM) werde wie ein Nettoentgelt betrachtet. In umgekehrt analoger Anwendung des § 56 Abs. 3 SGB VII sei hieraus ein Bruttobetrag in Höhe von 19.669,20 DM zu errechnen. Aus der Summe dieses (Brutto-)Aufstockungsbetrags und des zuvor errechneten JAV ergebe sich ein JAV in Höhe von 75.822,29 DM. Eine darüber hinaus gehende Erhöhung des JAV sei nicht billig. Es sei nicht möglich, das in der ersten Phase der Alterteilzeit erarbeitete Zeitguthaben bzw. ein fiktives Bruttoentgelt, das der Kläger erzielt hätte, wenn er sich nicht in Altersteilzeit befunden hätte, zu berücksichtigen. Der Kläger habe zum 1.7.1999 aus privaten Gründen die Altersteilzeit in Anspruch genommen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm bereits bewusst gewesen, dass er sich während der gesamten Phase der Altersteilzeit auf im Vergleich zur davor liegenden Zeit niedrigere Einkommensverhältnisse einstellen müsse. Es wäre unbillig, wenn der der Rente zu Grunde liegende JAV auf der Grundlage eines Bruttogehalts berechnet würde, das der Kläger erhalten hätte, wenn er sich nicht in Altersteilzeit befinden würde. Dies würde ein Ungleichbehandlung bedeuten.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Speyer durch Urteil vom 12.9.2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei der Berechnung des JAV sei grundsätzlich von dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt auszugehen. Dieses sei nicht deshalb zu erhöhen, weil der Kläger in der ersten aktiven Phase in dem Sinn vorgearbeitet habe, dass ihm die Hälfte des Arbeitsentgelts während der auf die aktive Phase folgenden Freistellungsphase gezahlt werden könne. Weder die §§ 82 f SGB VII noch § 14 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch – (SGB IV) noch die Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes sähen eine andere Regelung vor. Es sei auch keine Lücke vorhanden. Die Beklagte habe den errechneten JAV nach billigem Ermessen insoweit erhöht, als sie die vom Arbeitgeber gezahlte Aufstockungsleistung berücksichtigt habe. Eine weitere Erhöhung sei nicht billig. Durch den JAV solle die Lebensstellung des Versicherten zum Ausdruck kommen, wie sie sich in dem 12-Monatszeitraum vor dem Versicherungsfall darstelle. Der Kläger habe eine Altersteilzeitvereinba...