Leitsatz
Die Ausschlussklausel des § 6 Abs. 3 b FEVB stellt es auf einen gravierenden Mangel des Gebäudes und dessen wesentliche Mitverursachung für den Schaden ab. Vom Ausschluss sind daher lediglich solche Schadenfälle betroffen, in denen sich das Schadenereignis bei natürlicher Betrachtung weit weniger als eigentlicher Elementarschaden darstellt, sondern überwiegend als die Verwirklichung eines im Gebäude selbst angelegten erheblichen Risikos.
Normenkette
§ 6 Abs. 3 b FEVB
Sachverhalt
Der Kl. begehrte von der Bekl., bei der er eine Elementarschadenversicherung unterhielt, für eine durch Sturm zerstörte Scheune bedingungsgemäße Entschädigung. Die Parteien stritten u. a. darüber, ob das zerstörte Gebäude zum Zeitpunkt des Schadeneintritts nicht mehr die notwendige Festigkeit besaß und der Schaden durch diesen baulichen Zustand wesentlich mitverursacht wurde.
Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen der Gebäudeversicherung Baden-Württemberg über die Feuer- und Elementarschadenversicherung (FEVB) zugrunde. Diese bestimmen in § 6 Abs. 3 b:
"In der Elementarschadenversicherung ist die Haftung ausgeschlossen für Schäden, die dadurch wesentlich mitverursacht sind, dass das beschädigte Gebäude … ganz oder in einzelnen Teilen schadhaft oder baufällig ist, insbesondere nicht die nötige Festigkeit besitzt …"
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. führte zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Entscheidung
Die Feststellung des LG, dass die Scheune zum Zeitpunkt des Schadeneintritts schadhaft war und nicht die nötige Festigkeit besaß, reicht nach der Entscheidung des OLG zur Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes gem. § 6 Abs. 3 b FEVB nicht aus, da dieser weiterhin erfordere, dass der eingetretene Schaden durch den Gebäudezustand wesentlich mitverursacht worden ist …
Im vorliegenden Fall sei zu beachten, dass die Bekl. gem. § 3 FEVB Versicherungsschutz gegen Schäden an versicherten Sachen verspricht, die u. a. durch die Elementarereignisse Sturm, Hagel, Hochwasser, Überschwemmung, Schneedruck, Lawinen, Bergsturz, Erdrutsch, Erdfall und Erdbeben zerstört oder beschädigt werden. Im Hinblick hierauf könne der auch einem verständigen VN erkennbare Zweck des Haftungsausschlusses gem. § 6 Abs. 3 FEVB nicht darin gesehen werden, den Versicherer von Entschädigungsleistungen freizustellen, wenn an der Schadenentstehung bauliche Gegebenheiten mitwirken, die sich in irgendeiner Form als Schadhaftigkeit des betreffenden Gebäudes verstehen lassen. Dies ergebe sich schon aus dem Gedanken, dass die meisten Gebäude in der Lage sind, den genannten Elementarereignissen standzuhalten.
Letztlich werde in einer Vielzahl von Fällen die Schadensentstehung auch darauf zurückzuführen sein, dass das betroffene Gebäude wegen eines defizitären Zustands den Elementargewalten eine vermeidbare Angriffsfläche bietet. Offensichtlich solle aber § 6 Abs. 3 FEVB den grundsätzlich versprochenen Versicherungsschutz nicht bis zu dessen weitgehender Entwertung zurücknehmen. Ersichtlich werde insbesondere durch das Merkmal "baufällig" in § 6 Abs. 3 b FEVB auf einen gravierenden Mangel des Gebäudes abgestellt. Hieraus ergebe sich, dass auch die Merkmale "schadhaft" und "nötige Festigkeit" in der Zusammenschau mit dem Erfordernis der "wesentlichen Mitverursachung" nur erhebliche Mängel des Gebäudes oder von einzelnen Gebäudebestandteilen erfassen, bei deren Vorliegen der VN redlicherweise keinen Versicherungsschutz erwarten könne.
Von § 6 Abs. 3 b FEVB seien daher lediglich solche Schadenfälle betroffen, in denen sich das Schadenereignis bei natürlicher Betrachtung weit weniger als eigentlicher Elementarschaden darstellt, sondern überwiegend als die Verwirklichung eines im Gebäude selbst angelegten erheblichen Risikos, wobei der Elementargewalt eher die Funktion eines letzten Auslösers zukomme. Nur bei dieser Auslegung werde auch berücksichtigt, dass eine bloße Mitverursachung den Risikoausschluss noch nicht bewirkt, sondern durch das Merkmal "wesentlich" eine besondere Qualität der Schadensanlage und der Schadensentstehung notwendig sei, die sich neben der außergewöhnlichen Anfälligkeit des Gebäudes in einer besonderen Begünstigung des tatsächlichen Schadeneintritts ausdrückt.
Das LG werde unter Beachtung der Beweislast der Bekl. für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Risikoausschlusses Feststellungen zum Zustand des Gebäudes und zum Umfang der Mitwirkung evtl. vorhandener Gebäudeschäden bei der Schadenfeststellung zu treffen haben.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.09.1996, 12 U 103/96