1 Leitsatz
Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG sind die Berechnungsgrundlagen kein Gegenstand der Beschlussfassung.
2 Normenkette
§§ 23 Abs. 2, 28 Abs. 2 Satz 1 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer "genehmigen" am 7.12.2020 zu TOP 4 "die Jahresabrechnung" für das Jahr 2019. Dort sind für Wohnungseigentümer K Hausgeldzahlungen in Höhe von 1.219,44 EUR berücksichtigt worden und nicht – wie es richtig gewesen wäre – in Höhe von 1.278 EUR. Die Einzelabrechnung des K weist als "Abrechnungsspitze (Guthaben)" einen Betrag in Höhe von 25,98 EUR aus, berechnet als Differenz zwischen Soll-Vorauszahlungen auf das Hausgeld und den tatsächlichen Kosten. Ferner wird als Abrechnungsergebnis (Nachzahlung) ein Betrag in Höhe von 497,04 EUR angegeben, der sich aus der Differenz der Ist-Vorauszahlungen und den Kosten errechnet. Schließlich heißt es "nachrichtlich", K schulde der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuzüglich eines Betrags zur Erhaltungsrücklage in Höhe von 117,54 EUR einen Betrag in Höhe von 614,58 EUR.
Ferner beschließen die Wohnungseigentümer zu TOP 18, nunmehr "den TOP 13 der Versammlung 13.06.2017" umzusetzen. Es heißt, es soll eine Infrastruktur zur Ladung von E-Autos geschaffen werden. Herr J habe sich bereit erklärt, "die Umsetzung des Themas zu koordinieren. Auftragnehmer: in Abstimmung mit der Mehrheit des Beirates, Finanzierung: über die Erhaltungsrücklage, Auftragsvolumen: rd. 63.000 EUR. Hinweis: es soll noch geprüft werden, ob bei den damaligen Angeboten das Lastmanagement berücksichtigt wurde." Diesen Beschluss hatte der Verwalter wie folgt angekündigt: "Beratung und evtl. Beschlussfassung über die weiteren Maßnahmen zur Erstellung einer Infrastruktur zur Ladung von E-Autos, sowie der Genehmigung gegenüber einzelnem Eigentümer zur Montage der notwendigen Einrichtungen von Ladeplätzen".
Gegen diese Beschlüsse geht K vor.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Zwar seien die in die Einzelabrechnung eingestellten Ist-Vorauszahlungen fehlerhaft. Es hätte ein um 58,56 EUR höherer Vorauszahlungsbetrag genannt werden müssen. Dies mache den Beschluss aber nicht fehlerhaft. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG werde nicht mehr über die Berechnungsgrundlagen beschlossen. Die "Genehmigungswirkung" beziehe sich nur auf die Abrechnungsspitze. Diese werde rechnerisch zutreffend mit einem "Guthaben" in Höhe von 25,98 EUR ausgewiesen.
Der Beschluss zu TOP 18 sei ordnungsmäßig angekündigt worden. Er sei in der Einladung zumindest grob umrissen bezeichnet worden. Dass eine Beschlussfassung über die etwaige Genehmigung von Ladeplätzen angekündigt worden sei, sei unschädlich. Es stehe im Ermessen der Wohnungseigentümer, über ein "Weniger" zu entscheiden. Der Beschluss sei auch hinreichend bestimmt. Es handele sich lediglich um einen bestätigenden Zweitbeschluss.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um 2 ganz verschiedene Gegenstände. Zum einen stellt sich die Frage wie ein Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu formulieren ist, mit dem die Wohnungseigentümer Nachschüsse einfordern oder die beschlossenen Vorschüsse anpassen. Zum anderen geht es um die allgemeine Frage, wie Gegenstände für die Versammlung anzukündigen sind.
Beschluss über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung von Vorschüssen
Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Im Fall ist dieser Beschluss gründlich misslungen. Es ist anzunehmen, dass sich die Verwaltung noch nicht mit § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG befasst hatte. Denn dann hätten die Wohnungseigentümer nicht die Jahresabrechnung genehmigen, sondern Nachschüsse oder die Anpassung der Vorschüsse bestimmen müssen. M. E. kann man zu diesem Zweck nicht die den Wohnungseigentümern vorliegende Jahresabrechnung einfach genehmigen. Dies zeigt sich schon daran, dass im aktuellen Recht keine Guthaben beschlossen werden. Tatsächlich hätte nämlich darüber beschlossen werden müssen, ob und welche Vorschüsse, die K leisten musste, angepasst werden. Ich denke daher, dass die Anfechtungsklage insoweit Erfolg haben musste.
Ankündigung von Beschlüssen
Nach § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Beschlussgegenstand in der Einberufung bezeichnet ist. Durch diese Regelung sollen Wohnungseigentümer vor überraschenden Beschlüssen geschützt werden und die Möglichkeit haben, sich anhand der Tagesordnung auf die Beratung und Beschlussfassung in der Versammlung vorzubereiten. Der Inhalt der Bezeichnung ist von der Bedeutung des Beschlussgegenstandes abhängig und richtet sich nach dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer; an die Bezeichnung dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Regelmäßig ist nicht erforderlich, dass der einzelne Wohnungseigentümer die tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen der Beschlussfassung in allen Einzelheiten überblicken kann. Je bedeutsamer der Gegenstand für den einzelnen Wohnungseigentümer ist, desto genauer ist er in der Einladung zur Versammlung zu bezeichnen. ...