Entscheidungsstichwort (Thema)

Testierfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Testierfähigkeit reicht nicht eine nur allgemeine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt aus. Der Erblasser muss vielmehr eine konkrete Vorstellung seines letzten Willens haben, din der Lage sein, sich ein klares Urteil über die Tragweite seiner Entscheidung zu bilden und frein von Einflüssen Dritter zu handeln.

2. Sittenwidrigkeit einer letztwilligen Verfügung des Betreuten zugunsten seines Betreuers.

 

Normenkette

BGB § 2229 Abs. 4, § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Teilurteil vom 05.02.1999; Aktenzeichen 5 O 381/93)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten zu 1. und Widerklägers gegen das Teil-Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 5. Februar 1999 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist – wegen der Kosten – vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1. und Widerkläger kann die Vollstreckung des Klägers zu 1. und Widerbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zu 1. und Widerbeklagter vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte zu 1. und Widerkläger ist mit 640.000,00 DM beschwert

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Testaments der … in Königslutter verstorbenen Frau …

Der Kläger zu 1. ist Nachlaßpfleger der unbekannten Erben der Frau … die Beklagten zu 1. bis 3. sind durch notariell beurkundetes Testament der Frau … vom 30. Jan. 1987 (UR Nr. 16/87 des Notars … in Braunschweig) zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Testament vom 30. Jan, 1987 (Blatt 194/194 R der Beiakten Amtsgericht Braunschweig 32 VIII 19883 = Bl. 7/8 der Beiakte AG Helmstedt 7 IV 176/90) Bezug genommen. Nachdem zunächst im Wege der Stufenklage der Kläger zu 1. von dem Beklagten zu 1. Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Frau … begehrt hatte und eine entsprechende Verurteilung durch Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Braunschweig vom 27. April 1994 (Blatt 157) erfolgt war, hat er weitere Anträge bisher nicht gestellt. Im Berufungsverfahren geht es allein um die Widerklage des Beklagten zu 1., der die Feststellung seines Erbrechts sowie desjenigen seiner Ehefrau und seines Sohnes zu gleichen Teilen begehrt.

Zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments befand sich F. im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter. Dort war sie durch Beschluß des Amtsgerichts Braunschweig vom 11. Nov. 1996 einstweilig untergebracht worden, nachdem der Facharzt für Nervenkrankheiten Dr. … vom Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt Braunschweig in seinem ärztlichen Gutachten vom 10. Nov. 1986 angegeben hatte, daß Frau … seit drei Monaten von der Gemeindeschwester betreut werde, wechselnd orientiert sei und zunehmend verwahrlose. Dr. … hatte ferner angegeben, daß Frau … zur Zeit der Begutachtung „nach Hause, nach Braunschweig” reisen wolle, und unter Verkennung der Untersuchungssituation ihre Sachen gepackt habe. Dr. … hatte Demenz mit Verwirrtheit im Alter diagnostiziert und die Notwendigkeit der Einweisung wegen Selbstgefährdung durch unbedachte Handlungen befürwortet. Wegen der weiteren Einzelheiten des angerührten Beschlusses sowie des ärztlichen Gutachtens wird auf Blatt 2 und 2 R, 3 der Beiakten Amtsgerichts Helmstedt 5 XV 6687 L Bezug genommen. Der vorläufige Unterbringungsbeschluß des Amtsgerichts Braunschweig vom 11. Nov. 1986 war durch Beschluß des Amtsgerichts Helmstedt vom 21. Nov. 1986 aufrecht erhalten worden, nachdem die Richterin am Amtsgericht … Frau … angehört und dazu protokolliert hatte „die Betroffene ist im wesentlichen orientiert. Die Stationsschwester berichtet, daß die Betroffene völlig hilfslos ist, sie näßt und kotet ein und ist nicht in der Lage, sich selbständig anzuziehen” (vgl. Bl. 8/9 der zuvor genannten Beiakte Amtsgericht Helmstedt). Die Unterbringungsmaßnahme hatte das Amtsgericht Helmstedt durch Beschluß vom 14. Dez. 1986 nach Einholung eines Gutachtens des ärztliches Leiters des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Königslutter … vom 8. Dez. 1986 sowie Anhörung der Betroffenen durch die Richterin am Amtsgerichte … am 12. Dez. 1986 um weitere sechs Monate mit der Begründung verlängert, daß die Betroffene an einem hirnorganischen Psychosyndrom mit Verwirrtheit leide, zeitlich und örtlich desorientiert sei, ihre Situation verkenne und umfassende Pflege und Aufsicht benötige. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens vom 8. Dez. 1986, des Anhörungsprotokolls vom 12. Dez. 1986 und des Beschlusses vom 14. Dez. 1986 wird auf Blatt 13 bis 18 der vorgenannten Beiakten des Amtsgerichts Helmstedt Bezug genommen.

Am 30. Jan. 1987 holte der Beklagte zu 1., der durch die Beschlüsse des Amtsgerichts Braunschweig vom 20. Nov. 1986 und 30. Dez. 1986 zum Pfleger mit dem Wirkungskreis Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmungsrecht für Frau … bestellt und am 7. Jan. 1987 entsprechend verpflichtet worden war (Blatt 8 und 9 der Beiakte...

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