Entscheidungsstichwort (Thema)
Additive Einbenennung bei Kleinkindern
Leitsatz (amtlich)
Bei Kindern im Kleinkindalter, für die der Familienname kaum eine Bedeutung hat, ist eine additive Einbenennung i.S.d. § 1618 S. 2 BGB in der Regel noch nicht zum Wohle des Kindes erforderlich.
Normenkette
BGB § 1618 S. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 06.10.2009; Aktenzeichen 64 F(R) 150/09) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 6.10.2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Kindesmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.000 festgesetzt.
IV. Der Kindesmutter wird im Hinblick auf die für das Beschwerdeverfahren beantragte Prozesskostenhilfe aufgegeben, bis zum 12.3.2010 darzulegen und glaubhaft zu machen, dass von ihrem Ehemann ein Prozesskostenvorschuss nicht zu erlangen ist.
Gründe
Zu 1-3):
I. Aus der früheren nichtehelichen Beziehung der Kindeseltern stammt das genannte Kind. Die Kindesmutter ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge. Sie hat zwischenzeitlich Herrn S. geheiratet und führt den Namen ihres Ehemannes, mit dem sie ein weiteres Kind erwartet, als Ehenamen. Nachdem die Kindesmutter zunächst eine Einbenennung des Kindes in den Namen S. angestrebt hatte, verfolgt sie nunmehr eine Einbenennung in den Namen S.-Q.. Der Kindesvater verweigert seine Einwilligung hierzu.
Das AG hat die Kindeseltern und den Ehemann der Kindesmutter persönlich angehört. Mit Beschluss vom 6.10.2009, welcher der Kindesmutter am 15.10.2009 zugestellt worden ist, hat das AG den Antrag der Kindesmutter zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Kindesmutter mit ihrer am 16.11.2009, einem Montag, eingelegten und zugleich begründeten befristeten Beschwerde.
Die Kindesmutter beantragt, unter Abänderung des Beschlusses vom 6.10.2009 die Einwilligung des Antragsgegners in die Abänderung des Familiennamens des Kindes C. Q., geboren am [...] 2007, in C. S.-Q. zu ersetzen.
Der Kindesvater beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die befristete Beschwerde ist gem. §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F., die hier ebenso wie die im Folgenden zitierten Vorschriften des FGG aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch Anwendung finden, statthaft und auch im Übrigen zulässig, sie ist aber unbegründet.
Zu Recht hat das AG den Antrag der Kindesmutter auf Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zur additiven Einbenennung zurückgewiesen.
Gemäß § 1618 S. 4 BGB kann die Einwilligung des anderen Elternteils in eine Einbenennung gerichtlich ersetzt werden, wenn die Einbenennung zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Die Ersetzung der Einwilligung zu einer additiven Einbenennung nach § 1618 S. 2 BGB kommt unter weniger schwerwiegenden Voraussetzungen in Betracht als diejenige zu einer exclusiven Einbenennung nach S. 1 der Vorschrift, weil sie den milderen Eingriff in das Elternrecht des nicht betreuenden Elternteils darstellt (BGH FamRZ 2002, 94; OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1990; OLG Köln, FamRZ 2003, 630). Gleichwohl muss auch eine additive Einbenennung mit einem deutlichen Gewinn für die Kindesinteressen verbunden sein, wenn auch die Anforderungen geringer sind als bei einer exclusiven Einbenennung. Auch diese geringeren Voraussetzungen einer additiven Einbenennung liegen hier derzeit noch nicht vor.
Die Integration des Kindes in die neue Familie der Kindesmutter erfordert derzeit noch keine, auch keine additive Einbenennung. C. ist erst 2 Jahre und [...] Monate alt. Kinder dieses Alters werden überwiegend mit dem Vornamen angesprochen. Der Familienname hat für sie noch keine Bedeutung (vgl. Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, 3. Aufl., S. 239). Daher ist die Argumentation, die additive Einbenennung erlaube es dem Kind, sich nicht zwischen den Eltern entscheiden zu müssen, derzeit nicht von Belang.
Auch die von der Kindesmutter beschriebenen Alltagsschwierigkeiten erfordern keine additive Einbenennung des Kindes. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des Namensrechts, innerhalb der Familie verschiedene Namen zu führen, hat der Gesichtspunkt der Namensgleichheit in der Familie an Bedeutung verloren (OLG Hamm FamRZ 1999, 1380 [1381]; Hoppenz/Burandt, Familiensachen, 9. Aufl., § 1618 BGB Rz. 9). Eine Namensverschiedenheit trifft letztlich alle Trennungskinder, wenn der betreuende Elternteil wiederverheiratet ist und den Namen des neuen Ehepartners angenommen hat (OLG Hamm FamRZ 2004, 1748). Dieser Umstand ist auch allgemein bekannt (Staudinger/Coester, BGB (2007), § 1618 Rz. 32), so dass in der Regel bei Namensabweichungen keine besonderen Schwierigkeiten auftreten dürften. Soweit die Kindesmutter Schwierigkeiten bei Flugreisen oder Krankenhausaufenthalten sowie in Zusammenhang mit dem Wohnsitz der Familie in den Niederlanden beschrieben hat, liegt es an ihr, zukünftig im Vorfeld zu klären, welche Dokumente jeweils erforderlich sind. Der gegebenenfalls etwas erhöhte Erklärungsaufwand der Kindesmu...