Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Vergütungsanspruch des im Gewaltschutzverfahren beigeordneten Anwalts bei Mitvergleich nicht rechtshängiger Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Der beigeordnete Rechtsanwalt kann, wenn Prozess/Verfahrenskostenhilfe für einen Vergleich auch über nicht rechtshängige Ansprüche bewilligt wurde (hier: Umgangsvereinbarung in einem Gewaltschutzverfahren), insofern nur die Festsetzung einer 1,5 Einigungsgebühr - nicht auch einer Verfahrensdifferenzgebühr oder einer Terminsgebühr - verlangen.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 12.12.2010; Aktenzeichen 622 F 3168/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 22.12.2010 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 12.12.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrte im Wege der einstweiligen Anordnung eine Unterlassungsanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. In der persönlichen Anhörung am 13.10.2010 schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung über den Verfahrensgegenstand und darüber hinaus zum Umgangsrecht des Antragsgegners. Das AG bewilligte den Beteiligten Verfahrenskostenhilfe auch für den abgeschlossenen Vergleich. Außerdem setzte das AG den Gegenstandswert für das Verfahren auf 1.500 EUR und den Gegenstandswert für den Vergleich auf 4.500 EUR fest.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2010 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG. Dabei sind zunächst geltend gemacht worden:
Gegenstandswert: |
1.500 EUR |
1,3 Geschäftsgebühr |
136,50 EUR |
1,2 Terminsgebühr |
126 EUR |
Gegenstandswert: |
3.000 EUR |
0,8 Verfahrensgebühr |
139,10 EUR |
Gegenstandswert: |
4.500 EUR |
1,0 Einigungsgebühr |
212 EUR |
Post und Telekommunikationspauschale |
20 EUR |
Umsatzsteuer |
120,38 EUR |
Summe |
753,98 EUR |
Das AG hat mit Beschluss vom 22.10.2010 unter Nichtberücksichtigung der 0,8 Verfahrensgebühr und unter Berücksichtigung einer 1,5 Einigungsgebühr i.H.v. 318 EUR sowie entsprechender Anpassung der Umsatzsteuer insgesamt 714,60 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer am 9.11.2010 Erinnerung eingelegt und dabei seinen Festsetzungsantrag dahin korrigiert, dass nunmehr geltend gemacht werden:
Gegenstandswert: |
1.500 EUR |
1,3 Geschäftsgebühr |
136,50 EUR |
Gegenstandswert: |
4.500 EUR |
1,2 Terminsgebühr |
244,80 EUR |
Gegenstandswert: |
3.000 EUR |
0,8 Verfahrensgebühr |
139,10 EUR |
Gegenstandswert: |
4.500 EUR |
1,5 Einigungsgebühr |
318 EUR |
Post und Telekommunikationspauschale |
20 EUR |
Umsatzsteuer |
163,80 EUR |
Summe |
1.021,38 EUR |
Das AG hat die Erinnerung durch Beschluss vom 10.12.2010 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 22.12.2010, mit der er die Festsetzung einer weiteren Vergütung i.H.v. 306,78 EUR begehrt.
II. Die - form und fristgerecht eingelegte - Beschwerde ist zulässig, insbesondere betrifft sie auch einen 200 EUR übersteigenden Beschwergegenstand. Zwar bleibt die angegriffene Festsetzung vom 22.10.2010 rechnerisch nur 39,38 EUR hinter dem ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers. Der Festsetzungsantrag ist jedoch im Rahmen der Erinnerung bezüglich der Streitposition '1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV, § 49 RVG' nach einem Gegenstandswert von 4.500 EUR statt 1.500 EUR korrigiert worden. Die unterbliebene Festsetzung betrifft diese Streitposition sowie die Streitposition '0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 VV, §§ 49, 15 III RVG' nach einem Gegenstandswert von 3.000 EUR und macht nunmehr einen Betrag von insgesamt 306,78 EUR aus.
Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das AG hat zu Recht die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ohne Berücksichtigung der Terminsgebühr nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses und der Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Vergütungsverzeichnisses für das in den Vergleich einbezogene Umgangsrecht festgesetzt.
Es ist zwar zutreffend, dass für den in einem Verhandlungstermin an einem Vergleich mitwirkenden Rechtsanwalt ein Anspruch gegen den Auftraggeber auf eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 des Vergütungsverzeichnisses, eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses und eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses entsteht, und zwar auch aus den einbezogenen Gegenständen, die bis dahin nicht in dem Verfahren geltend gemacht wurden (sog. Mehrvergleich).
Unabhängig vom Entstehen der Gebührenansprüche als solcher bestimmt sich der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse aber gem. § 48 Abs. 1 RVG nach dem Beschluss, durch den die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält nach § 48 Abs. 4 S. 1 RVG für mit dem Hauptverfahren zusammenhängende Angelegenheiten nur insoweit eine Vergütung aus der Staatskasse, als er für sie ausdrücklich beigeordnet ist.
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass neben der Einigungsgebühr von der Staatskasse die Festsetzung einer Verfahrensdifferenzgebühr verlangt werden kann (vgl. OLG München, Beschl. v. 18...