Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine das Persönlichkeitsrecht verletzende Äußerung dauerhaft im Internet abrufbar, begründet dies die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit.
2. Das Unternehmerpersönlichkeitsrecht bezweckt den Schutz juristischer Personen; ein Rechtsanwalt, dem der Vorwurf standeswidrigen Abrechnungsverhaltens gemacht wird, kann sich hierauf nicht berufen.
Verfahrensgang
LG Zwickau (Aktenzeichen 1 O 581/20 EV) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin vom 6.4.2021 wird aufgehoben.
4. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert auch für das Berufungsverfahren auf 12.000 EUR festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch auf vorläufige Löschung der Äußerung "Dieser Anwalt schreibt vier Jahre nach einem privaten Gefallen eine Rechnung" aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1, 824 BGB bejaht.
I. Anders als die Berufung meint, besteht für die Geltendmachung eines solchen Unterlassungsanspruches im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Verfügungsgrund.
1. In Presse- und Äußerungssachen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Verfügungsgrund für eine auf Unterlassung gerichtet einstweilige Verfügung regelmäßig zu bejahen, wenn keine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit, insbesondere durch Zuwarten, gegeben ist (zuletzt Senat, Urteil vom 21. Juli 2020 - 4 W 242/20 -, Rn. 5, juris; Beschluss vom 25. Januar 2018 - 4 U 1675/17 -, juris). Dies ist eine Frage des Einzelfalles, für die sich gleichwohl in der Rechtsprechung Regelfristen herausgebildet haben, bei deren Überschreitung von einer Selbstwiderlegung auszugehen ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.1.2015 - 6 U 156/14 - juris; vgl. im Übrigen die Verweise auf nicht veröffentlichte Rechtsprechung der OLGe Koblenz und Köln sowie des KG bei Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. Kap. 12 Rn. 145 weitergehend OLG Hamburg, Beschluss vom 15.12.2014 - 7 W 141/14 - juris OLG Stuttgart, Urteil vom 08. Februar 2017 - 4 U 166/16 -, Rn. 35 - 36, juris). Der Senat geht insofern von einer Regelfrist von einem Monat gerechnet ab Kenntnis von der Äußerung aus (Senat Urteil vom 27. November 2018 - 4 U 1282/18 -, Rn. 11, juris). Diese Frist betrug hier gerechnet vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem o.a. Kommentar am 29.6.2020 bis zum Eingang der Antragsbegründung beim Amtsgericht Zwickau am 15.7.2020 lediglich 17 Tage. Überdies hatte der Verfügungskläger (Kläger) den Verfügungsbeklagten (Beklagten) am 1.7.2020 mit Fristsetzung zum 8.7.2020 zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung aufgefordert. Von einer Selbstwiderlegung ist aber solange nicht auszugehen, wie sich der Betroffene um eine außergerichtliche Erledigung der Streitigkeit bemüht (OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. April 2013 - 16 W 21/13 -, juris). Hat der Betroffene abgemahnt oder sich in sonstiger Weise um eine außergerichtliche Klärung bemüht, berührt das die Eilbedürftigkeit grundsätzlich nicht (Wenzel-Burkhardt, aaO. Rn. 144 m.w.N.).
2. Eine Widerlegung der aus dem Rechtsgedanken des § 12 Abs. 2 UWG, der im Presse- und Äußerungsrecht allerdings nicht direkt anwendbar ist, folgenden Vermutung ist auch nicht wegen der besonderen Umstände des hier gegebenen Einzelfalls anzunehmen. Dabei ist bereits fraglich, ob es sich vorliegend - wie das Landgericht angenommen hat - um eine Leistungsverfügung handelt, die grundsätzlich nur bei Not- und Zwangslagen in Betracht kommt und für die der Gläubiger darzulegen und glaubhaft zu machen hat, auf die Erfüllung dringend angewiesen zu sein (vgl. nur Zöller-Vollkommer, ZPO, 33. Aufl. § 940 Rn. 6 m.w.N.). Die wohl herrschende Meinung sieht in der Unterlassungsverfügung keinen Unterfall der Leistungsverfügung, weil diese zwar in der Sache zu einer "Befriedigung" des "gesicherten" Unterlassungsanspruchs führe, andererseits aber wegen ihres abwehrenden Charakters einer Sicherungsverfügung ähnele; die strengen Voraussetzungen für Leistungsverfügungen seien daher für die Unterlassungsverfügung nicht anwendbar, die insoweit die Aufgabe des vorbeugenden negatorischen Rechtsschutzes übernehme. Ihr Anwendungsbereich entspreche dem der vorbeugenden Unterlassungsklage (Zöller-Vollkommer, aaO § 940 ZPO, Rn. 1 m...