Leitsatz (amtlich)
Die Kosten für die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten, der anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernimmt, sind erstattungsfähig, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Beauftragung ex ante als sachdienlich ansehen durfte.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 15.05.2002; Aktenzeichen 41 O 106/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf – Rechtspflegerin – vom 3.2.2003 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Urteils des LG Düsseldorf vom 15.5.2002 sind von der Klägerin an Kosten 1.213,95 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 20.9.2002 an die Beklagte zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Ablehnung des Antrags, auch die Kosten für den Unterbevollmächtigten festzusetzen, ist gem. §§ 104 Abs. 3 567 Abs. 1 Nr. 1 569 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässig und hat Erfolg.
Die Rechtspflegerin hat es zu Unrecht abgelehnt, die Kosten für die Beauftragung des Unterbevollmächtigten festzusetzen. Die hierfür gem. Kostennote vom 26.7.2002 (Bl. 128 GA) geltend gemachten Kosten sind in voller Höhe erstattungsfähig. Die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten war gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
1. Die Erstattungsfähigkeit von Kosten, die einer Partei durch Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, der – wie hier – anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, richtet sich allein nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Es gilt nicht die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO; diese betrifft nach ihrem Wortlaut und Zweck nur die durch die Beauftragung eines Hauptbevollmächtigten entstandenen Kosten. Auch ist § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO auf die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht anzuwenden; diese Vorschrift regelt allein die Kostenerstattung bei Inanspruchnahme zweier Rechtsanwälte als Hauptbevollmächtigte (vgl. BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152 = Rpfleger 2003, 98 f. GA).
2. Für die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf dabei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152 = Rpfleger 2003, 100 GA).
Nach diesen Maßstäben sind die Kosten für einen Unterbevollmächtigten, der mit der Terminswahrnehmung am Prozessgericht beauftragt ist, nur dann erstattungsfähig, soweit dadurch erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten (Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten nach § 28 BRAGO) erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (vgl. BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152 = Rpfleger 2003, 99 GA). Dabei schadet es nicht, wenn die für die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten anfallenden Kosten die ansonsten angefallenen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um bis zu 1)0 % übersteigen (vgl. BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152 = Rpfleger 2003, 101 GA).
a) Hier wären die dem am Geschäftsort der Beklagten – Dresden – ansässigen Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Kosten dem Grund nach zu erstatten gewesen.
Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschluss oblag es der Beklagten nicht, sogleich einen am Ort des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen und schriftlich oder fernmündlich zu informieren. Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwaltes durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 2. Halbs. ZPO dar. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung nur aufgrund eines persönlichen Gespräches erfolgen kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur dort eingreifen, wo schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist allenfalls dann anzunehmen, wenn ein gewerbliches Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt oder wenn es sich um einen in tatsächlicher Hins...