Leitsatz (amtlich)
1. Eine auf Zahlung gerichtete Teilklage kann mit einer zunächst unbezifferten Stufenklage verbunden werden, wobei über den bezifferten Zahlungsantrag gesondert nur entschieden werden kann, wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO vorliegen. Daran fehlt es, wenn im Rahmen der Entscheidung über den bezifferten Zahlungsantrag solche Fragen zu klären sind, die auch Gegenstand der zu diesem Zeitpunkt noch unbezifferten Zahlungsstufe der Stufenklage sind und über die daher zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) entschieden werden muss.
2. Kommt der Arbeitgeber seiner aus § 12 Abs. 3 ArbNErfG folgenden Obliegenheit zur Festsetzung der dem Arbeitnehmererfinder zustehenden Vergütung nicht nach, führt dies nicht ohne Weiteres, d.h. nicht ohne das Vorliegen weiterer Umstände dazu, dass dem Arbeitgeber die Berufung auf den Verjährungseinwand wegen rechtmissbräuchlichen Verhaltens zu versagen ist. Auch ein Verstoß gegen die aus § 15 ArbNErfG folgende Unterrichtungsobliegenheit über den Fortgang des Anmeldeverfahrens hat nicht zur Folge, dass die Erhebung des Verjährungseinwandes in jedem Fall treuwidrig ist. Dies gilt jedenfalls dann, solange nicht festgestellt werden kann, dass der Arbeitgeber einen von ihm erkannten oder sogar bewusst oder unbewusst erzeugten Irrtum auf Seiten des Arbeitnehmererfinders ausgenutzt hat.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 52/21) |
Tenor
I. Die Klageerweiterungen betreffend den bezifferten Zahlungsantrag für die Jahre 2016 und 2017 (Antrag Ziffer 2.) und die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Antrag zu Ziffer 3.) werden als unzulässig abgewiesen.
II. Im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. Juni 2022 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
"1. Die Beklagte wird verurteilt,
dem Kläger Auskunft zu geben und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) und ihre verbundenen Gesellschaften (§§ 15 ff. AktienG) die dem deutschen Patent DE[...] ("[...]"; vorliegend als Anlage [...]) zugrunde liegende Diensterfindung (= "Streiterfindung") betreffend
eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde, das eine Aufnahmenut aufweist, die in ihrem Nutgrund mit einer Rändelung versehen ist, wobei in der Aufnahmenut ein Dichtring angeordnet ist, wobei der der Aufnahmenut benachbarte Gewindegang auf der dem freien Ende des Anschlussgewindes abgewandten Seite gekürzt ist, und wobei der Dichtring einen Sockel aufweist, auf dem ein Steg angeordnet ist, welcher von beidseitig angeordneten Stufen gebildet ist
ab dem 1. Januar 2022 genutzt hat/haben, unter Angabe der
a) Herstellungsmengen und -zeiten, b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten sowie Netto- und Bruttopreisen unter Ausweisung etwaiger Abzüge,
c) Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
wobei die vorgenannten Angaben gesondert pro Kalenderjahr und pro Produkttyp (mit Artikelnummer) zu erfolgen haben;
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
III. Die Kosten der Berufung werden dem Kläger zu 90 % und der Beklagten zu 10 % auferlegt.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR [...] und der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR [...] festgesetzt, wobei davon auf die Berufung der Beklagten EUR [...] und auf die Berufung des Klägers EUR [...] entfallen. Mit Blick auf die Berufung des Klägers entfallen auf den Antrag zu Ziffer 1. EUR [...], auf den Antrag zu Ziffer 2. EUR [...], auf den Antrag zu Ziffer 3. EUR [...] und auf den Antrag zu Ziffer 4. EUR [...].
Gründe
A. Der Kläger macht - unter anderem im Wege der Stufenklage - gegen die Beklagte Ansprüche auf Arbeitnehmererfindervergütung geltend.
Die Beklagte stellt Armaturen für die Gebäudeinstallation her und vertreibt insbesondere auch Eckregulierventile und Geräteanschluss-Armaturen. Der Kläger war in der Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2020 bei ihr als Qualitätssicherungsfachkraft in der Abteilung Qualitätsmanagement beschäftigt und meldete im Jahr 2009 - zusammen mit weiteren Miterfindern - gegenüber der Beklagten eine Dienst-erfindung betreffend eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde (nachfolgend: Streit- oder Diensterfindung). Mit dem als Anlage [...] vorgelegten Schreiben vom 1. September 2009 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger gemäß Arbeitnehmererfindergesetz für den Fall der Schutzfähigkeit die uneingeschränkte Inanspr...